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Frankreich
Von Sabine Middelhaufe

In den 1930ern war der Wolf in Frankreich nahezu ausgestorben und kam erst 60 Jahre später in Form von Canis lupus italicus zurück. Allerdings zitiert das online Portal ruralpini.it den Regionalrat der Toskana, Roberto Salvini, der im März 2019 sagte: „Außerdem tut man gut daran sich zu erinnern, dass in Frankreich in den zwei Jahrzehnten vor dem offiziellen Auftauchen der Wölfe, mehrfach illegale Aussetzungen von Wölfen durchgeführt und von den Behörden verifiziert wurden; die Exemplare stammten aus Wildtierparks. Damals empfahlen die Verfechter der Wiederansiedlung des Wolfs ganz offen, die Tiere in Gefangenschaft zu züchten, um sie dann später dort anzusiedeln, wo keine Wölfe mehr vorhanden waren. Luigi Boitani führte auch Experimente zur Zucht von Wölfen durch, und zwar mit dem Ziel, die Zahl solcher Zuchtstätten zu vergrößern.“
    Die Untersuchungskommission des französischen Ministerrats schloss im Jahre 2003 die illegale Einfuhr von Wölfen aus italienischen Zuchtzentren jedenfalls nicht aus.
    „DNA Tests der Tiere,“ sagte der Regionalrat,“ bestätigen in der Tat, dass in Frankreich Wölfe aus verschiedenen Herkunftsländern vertreten sind (sibirische, kanadische, mongolische, polnische) und hauptsächlich italienische. (...)“
    Der größte Teil der Wölfe lebt nach wie vor in den französischen Alpen, Südfrankreich und in bisher geringer Zahl in den Pyrenäen, wo sie bisweilen die Grenze nach Spanien überschreiten, aber auch in den Weinbergen der Champagne, nur 100 km östlich von Paris, wurden sie schon gesichtet, im Rhônetal, im Massif Central, im Jura und in den Vogesen.

Foto und Titelbild: H. Zweifel

    2014 bestand die französische Wolfspopulation aus circa 300 Tieren und nach Aussage der  Schafzüchter Vereinigung stieg die Zahl der gerissenen Schafe seit 2011 um zwei Drittel.
   Tatsächlich zahlte der Staat schon 2012 etwa 12 Millionen Euro Schadensersatz an Viehzüchter aus, und nach Angaben der Organisation Eleveurs et Montagnes kostete der Wolf in manchen Gegenden mehr als die Arbeitslosen.
    Anfang 2014 erlaubte die französische Regierung auf Grund der stetig zunehmenden Risse den Abschuss von 24 Wölfen und empfahl den Farmern darüber hinaus, unweit ihrer Häuser in die Luft zu schiessen, um den Beutegreifer zu lehren, die Nähe des Menschen zu meiden.  Herdenschutzhunde sollten mit Stachelhalsbändern gegen Wolfsbisse geschützt werden und die Herden selbst natürlich mit Elektrozäunen.
    Aber auch die Nutztierhalter in Frankreich stellten oft fest, dass die besten Präventivmaßnahmen nicht alle Wölfe draußen halten. Überdies gibt es Gebirgszonen, die man schlicht nicht umzäunen kann. Nach Meinung von Patrick Boffy, dem Vorsitzenden der Pro-Wolf Organisation Ferus in den Südalpen, sollten die Farmer solche Gebiete besser verlassen.
     In der Tat sei genau das das Ziel, sagte zumindest eine ehemalige Öko-Aktivistin und desillusioniertes Ex-Mitglied von Ferus der Presse: „Was sie wirklich wollen, ist, dass die Tierhalter fortgehen, so dass sie [Ferus] die Berge wieder verwildern lassen können.“

    2014 wurden in Frankreich bereits 8.500 Nutztiere gerissen und man sah für 2015 eine signifikante Zunahme voraus. 
   Im Herbst 2015 berichetet die BBC: “Es gab nach einem Sommer mit zunehmenden Wolfsangriffen auf Schafe vier Tage währende Proteste in der Region. Die aufgebrachten Farmer kidnappten auch kurzzeitig den Direktor eines Nationalparks in den Alpen. Als Antwort lockerte die Regierung die Jagdbestimmungen und lieferte Wolfsjäger-Teams mit Infrarot Nachtsichtgeräten und Spezialgewehren.“ Die Zahl der zum Abschuss freigegebenen Wölfe wurde von 25 auf 36 erhöht.
    Die britische Reportage ließ auch einen Schäfer aus der Provence zu Worte kommen, dem innerhalb von drei Tagen sechs Schafe gerissen wurden – trotz Elektrozäunen und fünf  Pyrenäen Berghunden – und der bis zum Herbst schon etwa 10% seiner Herde verloren hatte. Aber so unzufrieden er auch war, und so entschlossen, sich vom Wolf nicht vertreiben zu lassen, sagte er doch: „Wir müssen ein Gleichgewicht finden. Ein Wolf frei in der Natur ist etwas Fantastisches, aber er ist nicht kompatibel mit der Schäferei. Wir können ein Wildtier nicht ausrotten, und das würde ich auch gar nicht wollen. Aber wir können trotzdem versuchen, es zu kontrollieren.“
Und er beklagt, dass die Schwierigkeiten, die der Wolf den Nutztierhaltern beschert, viel zu wenig bekannt oder berücksichtigt werden.

Foto: H. Zweifel

     Das ONCFS (Office national de la chasse et de la faune sauvage) gab das Ergebnis des Wolfszensus 2016/2017 mit 63 etablierten Wolfsterritorien, 52 Rudeln und nachgewiesener Reproduktion in 34 Gebieten an. Das entsprach circa 360 Individuen. Die Schätzung für 2017/2018 ergab 430 Wölfe und somit eine jährliche Zuwachsrate von 20%. 2017 sah allerdings auch einen Anstieg der Wolfsrisse allein bei den Schafen auf knapp 12.000 Stück.
    Dessen ungeachtet erklärte die Regierung schon Anfang 2018, die Wolfspopulation im Rahmen eines neuen 5-Jahres-Wolfsplans bis 2023 auf 500 Tiere anwachsen zu lassen. 500 Individuen gelten als die erforderliche Mindestanzahl, um das Fortbestehen der französischen Wolfspopulation zu sichern. Allerdings sei den Jägern weiterhin erlaubt, wie schon 2017, jährlich 40 Wölfe zu schießen. Ab 2019 sei dann vorgesehen, pro Jahr 10% der Wolfspopulation zu entnehmen oder sogar 12%, sollten sich Haustierrisse mehren.
   Ein Umstand, mit dem wohl niemand gerechnet hatte: die festgelegte Zahl von 500 Wölfen war bereits Ende 2018 überschritten. Laut Mitteilung des ONCFS waren die dauerhaft besetzten Wolfsterritorien auf 85 gestiegen, die Zahl der Rudel mit mindestens drei zur Reproduktion fähigen Mitgliedern auf 72, die Gesamtzahl an Wölfen auf 530. Im Oktober 2018 gab die Regierung deshalb für das folgende Jahr 53 statt der vorher festgelegten 43 Wölfe zum Abschuss frei. 2020 sieht der Abschussplan circa 100 Entnahmen vor.
    Pro-Wolf Organisationen kritisieren sowohl die legalen Tötungen, als auch die Festlegung auf 500 Individuen für die demografische Überlebensfähigkeit des Raubtiers. Ihrer Ansicht nach müssten bis zu 5.000 Wölfe in Frankreich als notwendiges Minimum angesehen werden.
   Dass solche Forderungen vor allem bei Bauern und Viehzüchtern nicht gut ankommen, versteht sich. Im Dezember 2018 trieben französische Schafzüchter ihre Herden auf die Place de la République in Paris, um zu verdeutlichen, dass nicht der Wolf bedroht sei, sondern sie und ihre Tiere. Scheinbar wurden sie erhört.
    Im Juni 2019 sagte der französische Landwirtschaftminister Didier Guillaume: „Wir ziehen in Betracht, dass der Wolf nicht länger vom Aussterben bedroht ist.“ Worum es der Regierung nun primär ginge, sei die Existenzgrundlage der Farmer zu schützen.
    Letztere erhalten vor allem in den südfranzösischen Berggebieten, wo die üblichen Präventivmaßnahmen versagt haben, die Unterstützung der „Wolf Brigade“. Das Team wurde 2015 gegründet und beschäftigt junge Jäger, die Kenntnisse in Wild-Management besitzen und mit den  Besonderheiten der Gebirgszonen vertraut sind. Im Bedarfsfalle werden die Mitglieder zeitnah an bestimmte Orte geschickt, meist Bergweiden, um dort mit Wärmebildkameras und Zielfernrohren mit Nachtsichtsystem auf den Gewehren ausgestattet, Wölfe zu schiessen, die durch wiederholte Angriffe in der Umgebung aufgefallen sind.

Foto: H. Zweifel

    „Wenn Wölfe eine Herde attackieren, speziell innerhalb eines umzäunten Geländes, hören sie nicht auf zu töten, solange sich noch ein Schaf oder Lamm rührt,“ sagt Caroline Bourdat, Schafzüchterin in einem Weiler unweit der italienischen Grenze, wo sie Dutzende Muttertiere verloren hat. „Wölfe finden eine Möglichkeit, jede Schutzmaßnahme, die wir ergreifen, zu überwinden.“ Ob Elektrozäune, Nachtpferche oder Herdenschutzhunde.
     Ihr Satz hat eine tiefere Bedeutung, weil Caroline Bourdat ursprünglich als Biologiestudentin und leidenschaftliche Pro-Wolf Aktivistin in das kleine Bergdorf kam, um die Viehhalter der Gegend zu überzeugen, dass sie sich einfach besser schützen müssten, um Wolfsangriffe zu vermeiden. Die Wirklichkeit belehrte sie eines Besseren. Der Öko-Aktivismus war entzaubert. Sie wurde Schäferin.
    Im Südosten Frankreichs weiß man aus bitterer Erfahrung, dass der Wolf gerade im Gebirge eine Jagdweise anwenden kann, die verheerende Folgen hat. Bei Moulinet, rund 20 Kilometer nördlich von Monaco, schlief im Jahre 2002 die Schafherde der Familie Girodoano an einer Bergflanke, als sie von Wölfen angegriffen wurde. Die Raubtiere trieben sie auf einen Felssporn, wo die panischen Schafe zunächst im Kreis rannten, ehe sich mehr als 400 von ihnen in Todesangst in eine Schlucht stürzten. Ältere Schafe flohen stattdessen in ein nahegelegenes Waldstück und überlebten. Die Hunderte von Kadavern mussten mit Hubschraubern aus der Schlucht geborgen werden.
    Nur eine Woche später wurden auf dem selben Bergkamm erneut 24 Schafe der Girodoanos getötet.
„Es ist eine klassische Jagdtechnik des Wolfes, Schafe über einen Felsen ins Leere hinunter zu treiben. Also sind sie von hinten gekommen,“ berichtet Caroline Bourdat von einem Fall, „und bei einer einzigen Wolfsattacke sind so 450 Schafe in die Tiefe gestürzt.“
  Da man in den 90er Jahren auf die Rückkehr des Wolfes nicht wirklich vorbereitet war, fehlte ein funktionierendes System aus Wolfsmonitoring, Beweisaufnahme durch Rissgutachten, Regeln für den Schadensersatz und die betroffenen Schäfer der ersten Stunde erhielten nie staatliche Unterstützung, um die Verluste durch Wolfsangriffe aufzufangen.
     „Am 16. Juni 2014 waren die Schafe, bewacht von zwei Herdenschutzhunden, in ihrem Nachtpferch,“ erzählt Huguette Girodoano. „Der Wolf hat sie den Berg erst hinauf gejagt und sie dann den Felsen hinunter gestürzt. 38 wurden auf der Straße [unterhalb des Felsens] getötet, der Rest noch weiter unten. Wir haben 52 Schafe verloren. 12 weitere sind an diesem Tag verschwunden.“ Am 18. September 2014 fielen noch einmal 120 Schafe der Girodoanos den Wölfen zum Opfer.
    Dass Nutztierhalter wie sie froh über die Wolf Brigade sind, froh über steigende Abschussquoten, und wenig Geduld mit den städtischen und nicht betroffenen Wolfsbefürwortern haben, kann man verstehen. 

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Text (c) Juli 2019
Quellen:
http://www.ruralpini.it/Il-punto-sul-lupo-in-Toscana.html
https://www.ferus.fr/wp-content/uploads/2017/11/Reseau-loup-oncfs-flash-info-ete-2017.pdf
https://www.bbc.com/news/science-environment-34510869
https://www.bbc.com/news/world-europe-26926724
https://www.bbc.com/news/world-europe-45141306
https://www.bbc.com/news/world-europe-43122088
https://www.telegraph.co.uk/news/2018/12/28/wolf-population-surpasses-viability-level-france-reigniting/
https://www.msn.com/en-nz/news/world/frances-wolf-brigade-alps-guards-with-licence-to-kill/ar-AACY7fd?li=AAgfIYZ
https://www.youtube.com/watch?v=sT_2iv3QwtE

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