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Finnland
Von Sabine Middelhaufe

In 1970ern war der Wolf in Finnland nahezu ausgestorben. Dann wurde er, wie in so vielen anderen europäischen Ländern, unter Schutz gestellt und die Population nahm langsam wieder zu. Im März 2018 schätzte man die Zahl der erwachsenen Wölfe auf 200; 600 Tiere weniger freilich, als die finnische Wolf Action Group für nötig befindet, um eine gesunde genetische Diversität zu erhalten.
    Rund 70% der Wölfe leben im Westen des Landes, wo man beinahe täglich Sichtungen erlebt. Die weitaus geringere Zahl im Osten könnte damit zusammenhängen, dass die Beutegreifer ungehindert über die Grenze nach Russland wechseln.
    Patrick Barkham, Journalist beim britischen Guardian, reiste 2017 nach Finnland und sprach mit Menschen in Wolfsgebieten. Asko Kettunen, Pensionär und Jäger etwa sagte ihm: „Früher hatten die Wölfe Angst vor Menschen. Heute fürchten Menschen die Wölfe.“
    Pia Ikonen, die mit ihren vier kleinen Kindern nahe der russischen Grenze lebt, erzählte, dass vor einigen Jahren ihr Familienhund am hellichten Tag im Garten von einem Wolfsrudel gepackt und getötet wurde. Jetzt, im Winter, hatte sie zwei Wolfsspuren im Hof entdeckt. Auf die Frage Barkhams, ob sie ihre Kinder draußen spielen lassen würde, antwortete sie: “Wenn Wölfe hier ihre Kreise ziehen, können sie tagsüber nicht allein draußen sein und im Dunkeln überhaupt nicht. Es ist ein echtes Problem, wenn man seine Kinder nicht herumlaufen lassen und mit dem Hund nicht frei spazieren gehen kann.“
    Die Gemeinde bezahlt inzwischen ein teures „Wolfstaxi“, das die Kinder der Gegend von der Haustür bis zur Schule bringt, damit sie nicht an entlegenen Bushaltestellen stehen müssen.

Wohnen in einem Wolfsterritorium in Finnland. Foto und Titelbild: Reino Toivanen

  In der Nähe des Dorfes Laitila leben etwa 25 Wölfe, las man Mitte 2018 bei culture trip. Nachdem sie einen Hund und etliche Schafe gerissen hatten, waren Eltern besorgt, ihre Kinder allein draußen spielen und zur Schule laufen zu lassen. Als einige von ihnen eine Petition an die Regierung schickten, bekamen sie von Umweltschützern zornige Anrufe.
     Allerdings schätzt Prof. Ilpo Kojola das Risiko von Wolfsangriffen auf Menschen in der Tat als verschwindend gering ein, denn wie die französischen und italienischen Historiker, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, sieht auch er den Grund für die große Anzahl von Todesopfern in frühren Jahrhunderten in der damaligen Lebensweise und dem Fehlen von Schalenwildbeständen, aus denen sich die Wölfe bedienen konnten.
    Womit sich Isegrim heutzutage freilich äußerst unbeliebt macht, ist nicht etwa die Tatsache, dass er Elche erbeutet, sondern dass er Jagdhunde frisst. Bracken und Spitze vor allem, die mit GPS Halsband ausgestattet Kilometer weit dem Wild folgen. Sie geben Laut, wenn sie den Elch gestellt haben und rufen damit leider auch die Wölfe heran.
    Interessant ist die Antwort eines jungen finnischen Fotografen und Unterstützers der Wolf Action Group zu dieser Problematik: „Wenn jemand ein guter Jäger sein will, sollte er lernen, die Spuren des Wildes selbst zu verfolgen und es nicht seinen Hund machen lassen. Jagen soll nicht einfach sein.“
    Jäger Ari Määttänen erzählte Barkham vom Tod seines Hundes, der allerdings nicht bei der Jagd sein Leben verlor. Zuerst sah Määttänen zwei Wölfe etwa 30 Meter vom Haus entfernt. „Sie joggen nicht zum Vergnügen. Sie suchten Futter und nun wussten sie, dass ich einen Hund habe. (...) Sie warteten 100 Meter entfernt auf meinen Hund. Sie luden ihn zum Spielen ein und dann - lief er ihnen ins Maul.“ Ein paar Tage später fanden andere Jäger nur noch den Kopf des Hundes.
    Zum Schutz von Hunden ließ sich der Erfinder Jussi Aro etwas einfallen: Schutzwesten mit integrierten Pfefferspraypatronen, die platzen und dem Wolf die irritierende Substanz in Maul und Gesicht sprühen, sollte er versuchen, den Hund in der Weste zu beißen. Laut dem finnischen Sender YLE war der erste Feldversuch für 2017 geplant, und zwar an der östlichen Landesgrenze, wo im Vorjahr mindestens 32 Hunde von Wölfen attackiert worden waren.

Jagd mit Kostroma Bracke in Finnland. Foto: Päivi Pesonen

Seit 2015 erlaubt die finnische Regierung begrenzte Abschüsse, denn sie geht davon aus, nicht gegen EU Gesetze zu verstoßen, wenn sie ein Minimum von 25 Rudeln erhält.
Im Winter 2016 wurden 78 Wölfe getötet; 40 im Rahmen eines Abschussplans, die übrigen in Folge von Verkehrsunfällen oder der Erschießung als Problemwölfe durch die Polizei.
Umweltorganisationen monierten besonders heftig, dass sich unter den getöteten Tieren angeblich 20 Alphawölfe befanden.
    Im Winter 2017 wurde die Entnahme von 53 Tieren (Problemwölfe und Unfallopfer inbegriffen) gestattet und der Protest der Gegner war laut. Militante Tierschützer störten obendrein die Jäger, brannten Hochsitze ab, zerstörten Wildkameras. 
    Die finnische Wolf Action Group untersuchte darüber hinaus alle Ausnahme-Jagderlaubnisse der Saison 2016/2017 und kam zu dem Schluss, dass man die Möglichkeit nicht letaler Lösungen zur Entfernung von Wölfen nicht vollkommen ausgeschöpft hatte.
    Bei der legalen Wolfsjagd versuchen einige Treiber im Wald Wölfe hochzumachen und in Richtung der Schützen zu bewegen. Die DNA der erlegten Tiere wird anschließend in staatlichen Labors getestet, u.a. um festzustellen, ob es sich um reinrassige Wölfe oder Hybriden handelt. In den letzten 20 Jahren wurden unter 450 wildlebenden finnischen Wölfen nur drei Mischlinge gefunden.
    Dass Finnland dennoch ein Problem mit Mischlingen hat, ist seit Mitte 2019 amtlich, gelang es der Polizei doch, illegal eingeführte Wölfe sowie deren Mischlinge aus Verpaarungen mit Hunden sicherzustellen. Zahlreiche Personen stehen nun im Verdacht, in den gesetzeswidrigen Import von Wölfen, die Zucht von Hybriden und das geheime Verschieben der Tiere innerhalb des Landes involviert zu sein. Gefunden wurden Wölfe nordamerikanischen Ursprungs und nordeuropäische Wölfe; für vier Tiere gilt als wahrscheinlich, dass sie aus Russland stammen. Von den 64 entdeckten Hybriden mussten 30 sofort eingeschläfert werden. Auch der Gesundheitszustand einiger Wölfe war besorgniserregend.
Die Geschichte erinnert an die 2017 erfolgte Beschlagnahmung von 229 Wolf-Hund-Hybriden in Italien. Dort waren ebenfalls amerikanische, skandinavische und osteuropäische Wölfe illegal importiert und für die Verpaarung mit Tschechoslowakischen Wolfshunden benutzt worden. Wie viele Mischlinge und Wölfe vor Eingreifen der Behörden ausgesetzt wurden oder selbst flohen, wurde nie geklärt und auch der finnischen Polizei dürfte es kaum möglich sein, die Gesamtzahl der „Zuchttiere“ und ihrer Nachkommen zu verifizieren, erst recht nicht deren Verbleib. Immerhin gelten in Finnland seit dem 1. Juni 2019 Zucht, Verkauf und Besitz von Wolfsmischlingen als rechtswidrig.

     Ari Turunen, Vorsitzender seiner lokalen Jägervereinigung, findet es absurd, dass man in Finnland für die illegale Tötung eines Wolfs ins Gefängnis wandern könnte, aber überqueren die Tiere die Grenze, was sie frei und problemlos tun, nebenan in Russland dann Prämien für Wolfsabschüsse bezahlt werden, weil man die geschätzten 30.000 Isegrims dort als Schädlinge betrachtet.
     Versteht die Regierung die Sorgen der Landbevölkerung, fragte Barkham Ari Turunen. „Nein,“ antwortete der. „Die Wolfsdiskussion wird von Leuten dominiert, die noch nie einen Wolf gesehen oder in einem Wolfsgebiet gelebt haben. Die Angelegenheit sollte in den Gebieten entschieden werden, wo sie stattfindet, nicht in Helsinki. (...) einige Dinge werden nicht mal in Helsinki entschieden, sondern in Brüssel, wo sie noch weniger davon verstehen.“
    Dass Brüssel, ganz nüchtern betrachtet, die Ursache der Wolfsdiskussion und ihrer Folgen ist, bestätigte in einem anderen Zusammenhang auch der Ökologe  Guillaume Chapron: „Wenn es nicht diese strenge Legislation gäbe, würde man in Europa wenige oder gar keine großen Raubtiere finden.“



Finnische Landschaft.
Foto: Reino Toivanen

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Text (c) Juli 2019
Quellen:
https://www.theguardian.com/world/2017/feb/25/europe-wolf-population-finland-culling-protection
https://theculturetrip.com/europe/finland/articles/the-rise-of-the-wolf-why-is-there-a-growth-in-the-wolf-population-in-western-finland/
http://www.luontoliitto.fi/susiryhma/blogi/Finland%20APU
https://wilderness-society.org/finnish-wolves-suffering-from-culling-and-poaching-caused-by-human-fear/
https://www.bbc.com/news/blogs-news-from-elsewhere-38288999
https://yle.fi/uutiset/osasto/news/new_dog_safety_vest_counters_wolf_attacks_in_eastern_finland/9345525

https://www.rcinet.ca/eye-on-the-arctic/2018/11/12/finland-wolf-population-growth-winter-spring-hunting-natural-resources-institute-luke/

https://www.jagderleben.de/news/polizei-zerschlaegt-illegalen-wolfszuechter-ring

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