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Der Irish Red Setter

 


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Der Irish Red Setter
Von Giuliano Mondadori

Ich möchte diesem Artikel über den irischen Setter vorausschicken, dass ich nicht erwarte, dass jene Menschen meine Äusserungen teilen, die nicht verstehen wollen oder einfach nicht verstehen können was ich über diese grandiose Rasse sagen werde. Aber meine erklärte Hoffnung ist, dass sich die "anderen", also diejenigen, die nicht Opfer von Vorurteilen und Gerüchten bleiben wollen, endlich eine objektive Vorstellung von diesem wunderbaren Helfer des Jägers machen können, der der Irish Setter in Wahrheit ist, sofern er nur in Typ und Morfologie wirklich seiner Rasse entspricht.
Nun, ich bin sicher, wenn Sie nur einen Moment nachdenken, erinnern Sie sich bestimmt daran, dass Ihnen irgendwann einmal aufgefallen ist, dass jeder Text über diese Setter Rasse üblicherweise einen Satz enthält, der, obwohl immer ein bisschen anders formuliert, doch letztlich folgendes sagt:
"Er ist gewiss der Schönste unter den Jagdhunden, aber leider hat gerade seine Schönheit ihm geschadet, denn viele Rassevertreter sind in den Händen von Nichtjägern geendet, die einen Sofahund aus ihnen gemacht und es sogar so weit gebracht haben, dass dieser Hund den Instinkt fürs Vorstehen verloren hat."

Eine andere, immer wieder auftauchende, ja geradezu "standardisierte" Behauptung sagt, dass es sich beim Irish Setter um einen Gehilfen mit "schwierigem" Charakter handele, weshalb die Rasse nicht kontinuierlich gute Hunde hervorbrächte, sondern nur gelegentlich ein herausragendes Tier, das dann wirklich allen anderen überlegen sei.


Brisa's Irishes
in Vorstehpose. (Foto: Angelo Brisa)

Da auch der Inhalt vieler Artikel von früheren und heutigen Autoren in diesem Tenor geschrieben ist, - wobei die neuesten Beiträge immerhin zu äussern wagen, dass die Dinge sich etwas verbessert hätten - kann es weder wundern, dass der irische Setter als Helfer des Jägers so spärlich in Feld und Flur anzutreffen ist, noch, dass er auf Prüfungen beinahe komplett fehlt, wo deshalb die englischen Cousins und der Pointer unangefochten herrschen.
Übrigens war es ausgerechnet Laverack, der der Rasse einen schlechten Dienst erwies, indem er zwar sagte, dass es (wahrscheinlich) keinen nützlicheren Hund für die Jagd gäbe als den Irish Setter, aber gleichzeitig die irischen Züchter beschuldigte, sich nicht ausreichend um die Rasse gekümmert zu haben, so dass er nicht einen einzigen Hund fände, der es Wert sei, mit einem seiner Setter verpaart zu werden.
Was ich persönlich bedauerlich finde, ist, dass damals niemand daran gedacht hat, ihn hinsichtlich des Widerspruchs zwischen seinen beiden Aussagen zu befragen, denn wie konnte er behaupten, dass der Irish Setter ein aussergewöhnlicher Jagdgehilfe sei, wenn man "ihn auszubilden wisse" (und es wäre auch interessant gewesen ihn nach dem Sinn dieser Aussage zu befragen - konnte man denn damals oder heute irgendeine andere Rasse effektiv nutzen, ohne zu wissen, wie man sie dafür ausbildet?) und gleichzeitig beklagen, dass die Rasse derart verfallen sei, dass er nicht einen einzigen tüchtigen Hund fände?!


Hunter di Casa Bertolini
(Foto: Giuliano Mondadori).
Titelbild: Ledy, Bes.: Primo Onofrio. (Foto: Giuliano Mondadori)
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Leider kam es damals niemandem in den Sinn, dieses sicher nicht unbedeutende Detail hervorzuheben und so bekam der Irish Setter, insbesondere in Italien, eben diesen negativen Stempel aufgedrückt, der ihn in den Augen der überwältigenden Mehrheit seiner potenziellen "Nutzer", der Jäger nämlich, verurteilte. Ausserdem bewirkten hier bei uns der Ehrgeiz und Geschmack einiger Männer (die sich freilich alle für ganz andere Rassen begeisterten), dass die Tatsache totgeschwiegen wurde, wie Llewellin, der sicher kein weniger bedeutsamer Züchter war als Lawerack, sehr wohl die Blutzufuhr durch irische Setter nutzte, um seine durch zuviel Inzucht geschwächten Hunden genetisch wieder erfolgreich zu stärken.
Hinsichtlich dessen, was über den Irish Setter in Italien veröffentlicht wurde oder eben auch nicht, lese man hier bespielsweise was Giulio Colombo anlässlich des Derby von 1956 schrieb:
“1897, beim Auftaktwettbewerb des Derby in Rom, gewann in der Junghundklasse der English Setter Earl of Teramo, der nicht älter als 17 Monate war, während man heute, mehr als 50 Jahre später, das Alter der Derby Teilnehmer auf 30 Monate nach oben verschieben will! Und das erste Derby für Pointer und Setter im Juni 1910 in Verona wurde von Lulù gewonnen, einem English Setter Rüden von De Mori aus Vittorio Veneto. Lulù war am 3.2.1909 geboren worden und folglich 16 Monate alt (als er das Derby gewann). Im Oktober 1911 setzte der Setter Club als Grenze für die Derbyteilnahme ein Alter von 12 Monaten fest und lud auch die Pointer ein; bei diesem Wettbewerb wurden beide, Pointer und English Setter, von zwei Iren übertroffen, aber das dritte Jahr gehört Plon Plon, einem Setter von De Reali, Plon Plon geführt vom Zauberer aus Cetea, der seinen Exorzismus mit dem 11 monatigen Plon Plon beginnt! "


Rossoferrari John
, Bes.: Gerardo Pisaniello. (Foto: Giuliano Mondadori)

Falls es Ihnen entgangen ist: nicht nur werden weder die Namen der beiden Irish Setter genannt, von denen einer doch immerhin Sieger des Derby von 1911 wurde, noch ihrer Führer und Besitzer, obwohl das bei den English Settern reichlich getan wird, sondern man spricht, wenn es um die Engländer geht, wie selbstverständlich nur von "Settern", so als wären sie und nur sie Vertreter der Setter, und die Iren und Gordon Besitzer nahmen das hin, denn sie begannen damals schon den Preis für die numerische Übermacht der Engländer zu bezahlen, nicht anders als heute.
Was soll man davon nun halten - vielleicht mochte der grosse Giulio Colombo den Irish Setter nicht sonderlich? Ich glaube genau das, und zwar auch, weil der bekannte Richter Antonio Santarelli in einem Brief an Dr. Sergio Barbolini, den berühmten Züchter der Rasse aus den 60er und 70er Jahren mit dem Zwingernamen “delle Fiamme di S. Vito”, anmerkte:
" Leider ist das Hundewesen heute (1973; A.d.R.) in den Händen ungeeigneter Leute, die zu 99% über Hunde reden und schreiben von denen sie lediglich etwas gehört haben, und da Colombo schlecht über die irischen Setter als Gebrauchshunde sprach, ist dieses Märchen entstanden, dass sie nur Sofahunde sind!"
Nach der Aussage eines so glaubwürdigen Zeugen fällt es schwer, nicht mit Bedauern anzunehmen, dass viele Jäger sich damals wie heute von Gerüchten haben beeinflussen lassen, die von der Realität des Irish Setter zum Glück weit entfernt sind.


Rossoferrari Trilly,
Bes.: Monica Baranzini. (Foto: Luca Colombo)

"Es ist nicht wahr, dass nur einer von 1000 Irish Settern etwas taugt! Wahr ist hingegen, dass nur ein Jäger von hundert die nötigen menschlichen Qualitäten hat, um mit dem wunderbaren Irish Setter jagen zu können."
Dieser Satz stammt seltsamerweise von einer Züchterin, die selbst sehr weit von der Welt der Jagd entfernt ist, aber auch wenn ich stark annehme, dass er ihr suggeriert wurde, muss ich gestehen, dass er im Grunde die aktuelle Situation der Rasse im Jagdbereich sehr gut wiedergibt. Es gibt viel zu wenige echte Liebhaber des Irish Setter, die sich für das Wohl und die Verbreitung der Rasse bei der Jagd und den Prüfungen aktiv einsetzen und auch den Skeptikern klar machen, dass der schlechte Ruf der Rasse als Jagdhund ein Gerücht ist, das bloss immer von neuem von jenen wiederholt wird, die die Qualitäten dieses Hundes überhaupt nicht beurteilen können, weil sie noch nie mit ihm gejagt haben.
Obwohl der Irish Setter also - nach wie vor - mehr für seine äussere Schönheit als seine sehr ausgeprägten Jagdanlagen gefeiert wird, kann man ihn dank seines aussergewöhnlichen Temperaments und seiner beachtlichen Passion ohne weiteres als den idealen Gehilfen eines jeden Jägers betrachten.
Wie ich schon in meinem Buch “Il Setter Irlandese in pratica”, Gelegenheit hatte festzustellen, haben sich die genauen Kenntnisse des Ursprungs dieses wunderbaren Jagdgehilfen schon vor Jahrhunderten verloren und sind heute leider definitiv vom undurchdringlichen Nebel der Vergangenheit verhüllt.
Dank der vorhandenen kynologischen Bibliografie scheint aber gesichert, dass der erste Setter eben dieser irische war und die Züchter der anderen beiden Varietäten, English und Gordon Setter, auf ihn zurück griffen um ihre eigenen Hunde zu verbessern. 1974 schrieb der damalige Präsident des italienischen Irish Setter Klubs, Fabio Cajelli, in seinem Buch “I Setters”:
"1800 waren sich die Hundefreunde jenseits des Ärmelkanals nicht über die Fellfarbe (der Rasse) einig. Ursprünglich war diese Rot mit weissen Flecken am ganzen Körper und schwarzen Haarspitzen gewesen. Einige Züchter, darunter Lawerack, behaupteten, dass diese farbliche Besonderheit der Beweis für Reinblütigkeit sei, doch die Mehrheit der irischen Züchter vertrat die gegenteilige Auffassung und diese Unstimmigkeiten zogen sich lange hin (...) Lawerack, selbst ein Bewunderer der irischen Rasse, begab sich mehrmals nach Irland, um dort Hunde zur Verbesserung seiner eigenen englischen Setter zu finden, die wegen übermäßiger Inzucht im Niedergang begriffen waren und beschuldigte bei diesen Gelegenheiten die Iren ganz offen, ihre Rasse aus purer Gleichgültigkeit vernachlässigt zu haben. Purcell Llewellin, grossartiger Züchter der er war, hatte einen guten Instinkt und zog aus dem irischen Blut optimale Ergebnisse, und auch der Herzog von Gordon griff auf die Iren zurück, um die Jagdpassion seiner eigenen Hunde zu verstärken und ihren Körperbau leichter zu machen. Er, der am meisten diskutierte Vorstehhund, war es also, der grosszügig seine unendliche Leidenschaft (wichtigste Anlage überhaupt in einem Jagdhund) spendete, und seine Widerstandskraft, und wie stark er dies alles übertrug kann man noch heute feststellen, da man in vielen Setter Würfen, speziell beim Gordon, das unverwechselbare Zeichen seines roten Haarkleides antrifft."


Rossoferrari Engy
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(Foto: Giuliano Mondadori).

Man muss hier unterstreichen, dass das Fell des irischen Setters ursprünglich rot-weiss war, auch wenn das Rot immer schon dominierte, allerdings je nach individuellem Hund in unterschiedlichem Maße. Im Laufe der Zeit jedoch setzte sich das einfarbige Rot endgültig durch, da es besser gefiel, freilich taucht das Gen für die weisse Farbe auch heute noch im Irish Setter auf, und wir finden Hunde mit weissen Flecken vor allem an der Brust und an den Pfotenspitzen.
Nur zur Information sei auch angemerkt, dass dank einiger Züchter, die sich um die rot-weisse Varietät bemüht hatten, diese zu Beginn des neuen Jahrtausends offiziell als eigenständige Rasse mit dem Namen Irish Red and White Setter anerkannt wurde.
Doch um auf seinen roten Cousin zurück zu kommen, der nach wie vor der bekannteste von beiden ist, muss man sicher hervorheben, dass auch das Fehlen eines wirklich begnadeten Züchters, einer charismatischen Persönlichkeit wie Lawerack, Llewellin oder dem Herzog von Gordon, seine Verbreitung unter den Jägern so relativ gering gehalten hat, und es hat ferner dazu geführt, dass sich jeder das Recht anmaßt, über diese Rasse zu reden ohne sie in Wahrheit und von Grund auf zu kennen.
In Italien wurde der Irish Setter in den Jahren der Wende vom 19. zum 20. Jh. eingeführt und passte sich ohne Schwierigkeiten an die unterschiedlichen Umweltbedingungen an, so dass er zunächst die Gunst damaliger Kynologen fand. Eine so grosse Gunst sogar, dass viele Rassevertreter bei den Prüfungen an frei gelassenen Wachteln teilnahmen, die einzige Art Prüfung, die man zu jener Zeit bei uns durchführte.
Aber da unser Land nun mal die Heimat der Erben der Renaissance ist (die mit einem Sinn fürs Künstlerische geboren werden), weckte der strahlende Irish Setter alsbald auch die Aufmerksamkeit der Nichtjäger, und genau das markierte den Anfang all der Gerüchte, die diesen grandiosen Jagdhund bis heute ungerechtfertigterweise begleiten.


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