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Der American Water Spaniel

 


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Der American Water Spaniel
Von Sabine Middelhaufe

Der mit maximal 46 cm Widerristhöhe mittelgrosse, schokoladenbraun gelockte American Water Spaniel ist eine der wenigen in den Vereinigten Staaten geschaffenen Hunderassen. Seine Entstehung im beginnenden 19. Jh. verdankte er den speziellen Herausforderungen der Jagd an und in den Flüssen und Seen von Wisconsin, im mittleren Westen der USA. Das Goldene Zeitalter der Rasse endete Mitte des 20. Jh., als aus der einstigen Jagd zur Sicherung des Lebensunterhalts ein Sport wurde und man gleichzeitig aus Europa neue Rassen importierte, die den eher unscheinbaren American Water Spaniel rasch und vollständig verdrängten.
Trotz der Namensverwandtschaft mit dem Irish Water Spaniel ist der American Water Spaniel nicht etwa die "amerikanisierte" Variante des uralten europäischen Hundes, sondern entwickelte sich in den Vereinigten Staaten Anfang bis Mitte des 19. Jhs. aus der gezielten Kreuzung bestimmter Rassen. Laut einiger moderner Quellen handelte es sich dabei um den damals noch existierenden English Water Spaniel, den Curly Coated Retriever, den Irish Water und den Sussex Spaniel, den Pudel oder vielleicht auch den Chesapeake Bay Retriever sowie nicht genauer beschriebene Indianer Hunde.
Ganz anders sah freilich Dr. Fred J. Pfeiffer, der wichtigste Züchter der Rasse zur Wende vom 19. zum 20. Jh. ihre Entstehung, die er nämlich schlicht und einfach auf die Verbindung von Field Spaniel und Curly Coated Retriever zurückführte. Und betrachtet man einmal das Längsformat des American Water Spaniel, seine braune Farbe und die Grösse von maximal 46 cm, könnte man beinahe einen Field Spaniel mit am Körper stark gewelltem oder gelocktem Haar vor sich haben.
Vermutlich hatte Pfeiffer Recht, was den Ursprung der Rasse angeht. Die AWS zu seiner Zeit hatten auch noch braune Augen; aber er selbst schrieb in einem Artikel, dass andere Züchter nach der offiziellen Anerkennung des AWS 1928 wohl eifrig Irish Water Spaniel einzukreuzen begannen, und auch vom Chesapeake Bay Retriever war die Rede, der dem AWS in der Folge die durchaus nicht erwünschten gelben Augen vererbte.
Übrigens ist der AWS, damals noch Brown Water Spaniel oder American Brown Water Spaniel genannt, bereits für 1865 als Rasse dokumentiert, während der Irish Water Spaniel erst in den 1870er Jahren seinen Siegeszug in Amerika begann, was ihn als Stammvater eigentlich ausschliesst.


Winterhawks Curly Bird
, SH, JHR, genannt Curly, geb. 22.8.07. (Photo Ken Reinboth). Titelbild (c)
Cindy Rogers

Warum man überhaupt einen mittelgrossen Stöberhund mit einem enorm wasserfreudigen und Wetter resistenten Retriever kreuzte hatte einen simplen Grund: Die Heimat des AWS waren die Territorien längs der Flüsse Fox River und Wolf River im mittelwestlichen US-Staat Wisconsin, zu einer Zeit, als Jagd dort noch dem Lebensunterhalt diente und vom Jäger optimale Anpassungsfähigkeit verlangte, denn er musste in der Lage sein, in jeder Jahreszeit, zu Lande wie zu Wasser, jegliches Wild zu erbeuten, das direkt für seinen Eigenbedarf verwertbar oder gegen andere Güter einzutauschen war.
Da die Jäger grössere Distanzen im Kanu oder sonstigen kleinem Boot zurück legten und auf bestimmtes Wasserwild natürlich auch direkt vom Fluss oder See aus jagten, musste ihr Hund in jedem Falle kompakt und leicht genug sein, um problemlos in so einem kleinen Ruderboot unterzukommen und von dort zum Einsatz geschickt werden zu können, ohne dabei das Gefährt zum kentern zu bringen, aber andererseits gross und kräftig genug, um Wild im Bedarfsfalle ausdauernd jagen und Beute bis zu einem gewissen Gewicht apportieren zu können.
Ausserdem musste sein Haarkleid ihm erlauben, sowohl bei sommerlicher Hitze als auch bei zweistelligen Minustemperaturen im Winter ohne weiteres einsetzbar zu sein, und natürlich sollte das Fell den Vierläufer selbst im eisigen Wasser schützen - was das zweilagige, dichte, fein gelockte Haar des AWS zweifellos tat. Übrigens wurde die Rute des AWS nie kupiert, weil sie ihm beim Schwimmen als Ruder diente.
Auch an seine konkreten Jagdanlagen wurden ganz präzise Forderungen gestellt, denn sie mussten ihn uneingeschränkt tauglich machen für die diversen Jagdmethoden auf Wasservögel jeder Art, aber auch auf Federwild wie das verbreitete Kragenhuhn, das Präriehuhn sowie auf Haarwild.
Man erwartete ferner, dass er im Schilf ebenso passioniert stöberte wie im dichten Wald oder auf ebenem Feld, dass er Federwild aus reissendem Wasser genauso verlässlich brachte wie er angeschossenes Haarwild verlorensuchte und apportierte.


Little Brownies Brown Sugar
, JH, genannt Brownie, Alter 5 Jahre. (Photo Paul Morrison.)
Die Brown Spaniels erfüllten ihre Aufgabe offenbar sehr zufriedenstellend, denn sie wurden rasch von einem lokalen Jagdhundeschlag zum sehr verbreiteten Gehilfen der Berufsjäger in den Staaten Wisconsin, Michigan und Minnesota.
Insbesondere die Jäger, die längs des Mississippi im Bereich der Migrationsroute einer sehr grossen Anzahl von Vogelarten jagten (und der Fox River als Heimat des Brown Spaniels verband ja den Mississippi mit den Grossen Seen) setzten diesen kleinen, harten, eigensinnigen Ein-Mann-Hund sehr effektiv ein, so dass die Rasse bald wohl bekannt und zahlenmäßig reichlich vertreten war.
Dass der irische Namensvetter 1875 zum drittpopulärsten Jagdhund in den frisch vereinigten Staaten (der Bürgerkrieg war ja erst 10 Jahren zuvor zu Ende gegangen) gekürt wurde, hinderte den amerikanischen Brownie nicht daran, in den letzten Jahrzehnten des 19. Jh. seinerseits grosse Beliebtheit als perfekter Hund für ganz bestimmte Territorien und Jagdweisen zu geniessen, und es war nach Meinung einiger Autoren nicht in erster Linie die Einfuhr anderer Rassen, die den AWS sehr bald ins Abseits drängte, sondern die reduzierten Entenpopulation in den Gewässern des mittleren Westens und vor allem der Wandel der Jagd vom Unterhalt sichernden Beruf zum Freizeitvergnügen, mit dem Jagdhund als schwanzwedelndem, anpassungsfähigen Familienmitglied.
Der AWS war ja als reiner Gebrauchshund konzipiert worden, der auch unter härtesten klimatischen Bedingungen maximale Leistung erbrachte, ohne übertriebenen Futter- und Pflegeaufwand zu benötigen und in Abwesenheit seines Herrn dessen Hab und Gut notfalls auch gegen zweibeinige Diebe verteidigte. Für Nichtjäger "attraktiv" zu sein oder einer Schar Schaulustiger bei städtischen Hundeausstellungen zu gefallen gehörte nie zu seinen Funktionen.
Anfang des 20. Jh. setzte sich Dr. Fred J. Pfeiffer, passionierter Jäger aus New London, Wisconsin, gemeinsam mit einigen anderen Enthusiasten für die bessere Bekanntmachung und Verwendung der Rasse ein, indem er den ersten Rassestandard mitverfasste und seine eigene Zucht begann.
Pfeiffer ist es auch zu verdanken, dass der American Water Spaniel 1928 unter diesem Namen vom United Kennel Club anerkannt wurde und fast zwei Jahrzehnte später vom Field Dog Stud Book, - übrigens war der erste AWS den der UKC ins Stammbuch eintrug Pfeiffers Hund Curly Pfeiffer .

California Crystal Ball
, CGC, genannt Crystal, geb. 5.11.04. (Photo Linda Ford)
Die beiden Züchter John Scofield und Thomas Brogdan wiederum setzten sich gemeinsam mit dem 1937 gegründeten American Water Spaniel Club dafür ein, dass die Rasse 1940 auch vom American Kennel Club anerkannt wurde und damit erstmals bei Ausstellungen gezeigt werden konnte.
Allerdings hielt sich die Karriere des Brown Spaniels als Show Hund in sehr engen Grenzen. Zum einen fand er beim Publikum nicht den Anklang wie andere Jagdhunderassen, zum anderen mag die noch heute fehlende Zuteilung der Rasse in eine Kategorie, nämlich Spaniel oder Retriever, die Teilnahme an solchen Veranstaltungen komplizieren. Übrigens löste sich auch der ursprüngliche Verein Ende der 40er oder Anfang der 50er Jahre wieder auf.
Völlig ohne Belang für den Abstieg des AWS war die Tatsache natürlich nicht, dass in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg eine ganze Zahl neuer Hunderassen in die USA kamen, und die Jagd nun definitiv ein Hobby geworden war, das man mit eleganten Pointern, Settern, Retrievern oder deutschen Allroundern ausführte oder dem auch ästhetisch sehr attraktiven English Springer Spaniel.
Der AWS geriet mehr und mehr in Vergessenheit und obwohl er 1985 zum "Staatshund" von Wisconsin ernannt wurde, gehört er seit langem zu den seltenen Rassen.
Ende des 20. Jh. schätzte man die Gesamtpopulation auf rund 6600 Tiere von denen ungefähr 3000 beim American Kennel Club registriert waren, und die vor allem in den ehemaligen Hochburgen der Rasse, den drei Staaten Wisconsin, Michigan und Minnesota lebten.
Laut Statistik des AKC werden im neuen Jahrtausend jährlich etwa 170 AWS Welpen registriert, fast die Hälfte weniger als in den 1980ern, und die Zahl der noch existierenden Blutlinien hat sich auf eine Handvoll reduziert.
2010 erreichte die Rasse unter 166 Mitbewerbern den 143. Platz unter den beliebtesten Hunderassen der Vereinigten Staaten.
Freilich, so sagen Anhänger des AWS, brachte die bescheidene Verbreitung auch den positiven Nebeneffekt, dass sich die Rasse im Vergleich zu ihrer Ursprungsform kaum verändert hat, und manche Erbkrankheit, die Moderassen stark geschädigt haben, treten beim AWS nicht oder kaum auf. Und obwohl sich schliesslich Schönheits- und Leistungszuchten entwickelt haben, ist der Unterschied zwischen ihnen sehr viel milder als bei vielen anderen Jagdhunderassen; jeder AWS besitzt normalerweise die Jagdanlagen seiner Rasse.

Winterhawks Curly Bird
Der amerikanische Wasserhund ist ausserhalb der USA völlig unbekannt; in seinem Ursprungsland wird er heute von zwei Klubs betreut: dem American Water Spaniel Club of America, der, um die Vielseitigkeit der Rasse zu unterstreichen bisher auf ihre Klassifizierung als Spaniel oder Retriever verzichtet hat und der 1993 ins Leben gerufenen American Water Spaniel Field Association, die die Rasse als Spaniel verstanden und vom Kennel Club klassifiziert sehen möchte.
Die Meinungen über die typischen Wesensmerksmale der Rasse gehen zum Teil erheblich auseinander.
AWS aus einigen Linien neigen dazu, ihre Besitzer sehr ernsthaft dominieren zu wollen, so heisst es, ihr Futter gegen sie zu verteidigen und generell ein recht aggressives Temperament zu zeigen.
Nein, sagen andere Quellen, American Water Spaniels sind ungemein anhängliche, freundliche Hunde, die ihrem Menschen gefallen wollen und nur dann das Zepter in die Pfote nehmen, wenn ihr Besitzer dies versäumt - aber das wird so ziemlich jeder Hund tun.
AWS sind Einfamilien- wenn nicht gar Einmann-Hunde, die mit Fremden nicht unbedingt gut Freund sind und daher sehr gute Wachhunde abgeben. Umgekehrt heisst das allerdings, dass der AWS schon beim Züchter und erst recht beim neuen Halter ganz gezielt und umfassend an den Umgang mit unbekannten Menschen und ganz allgemein mit neuen Umweltsituationen gewöhnt werden muss, wenn man später keinen Hund im Haus oder Garten haben möchte, der für ahnungslose Fremde (gleichgeschlechtliche Vierbeiner inbegriffen) zum Problem werden könnte.
Völlig übertrieben, winken andere ab: der AWS ist einfach ein sehr loyaler, seinem Meister ergebener Hund, der Fremde ohne weiteres akzeptiert, wenn sein Chef bloss signalisiert, dass sie "in Ordnung" sind und ist ansonsten eben ein tüchtiger Wachhund, der darauf achtet, dass sein Heimterritorium nicht unerlaubt betreten wird, über die Stränge schlägt er nur, wenn sein Halter ihn nicht angemessen hält und erzieht...

Little Brownies Brown Sugar
Immerhin besteht über einige Eigenschaften der Rasse durchaus Einigkeit: AWS sind intelligent, fühlen sich aber auch schnell gelangweilt; sie besitzen deutlich weniger will to please als andere Spaniels, lieben es jedoch im Mittelpunkt zu stehen; sie können sehr stur sein - oder sehr viel Persönlichkeit haben, je nachdem wie man es ausdrücken will; sie reifen geistig-seelisch relativ langsam, nämlich im 3. Lebensjahr aus, was sie freilich nicht hindert, den eigenen Kopf schon sehr viel früher durchsetzen zu wollen; sie sind äusserst sensibel und nehmen grobe Behandlung sehr übel; sie haben die scheinbar angeborene Tendenz, in Haus und Garten nicht dafür geeignete Objekte zu bekauen, und sich grabender oder springender Weise auf eigene Faust aus ihrem heimischen Grundstück zu entfernen, wenn man ihnen nicht genügend angemessene Beschäftigung verschafft; sie lieben es, wenn sie aufgeregt sind zu jodeln, und bellen gern und viel, sei es, weil sie jagen oder zum Apportieren geschickt werden, sei es, weil sie glücklich sind, Langeweile haben, Aufmerksamkeit fordern und vieles mehr; diese ausgeprägte Neigung zum Kläffen, Fiepen und Heulen muss schon im Welpenalter erzieherisch eingedämmt werden.


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