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Braque Saint Germain: National d’Elevage und Test d'Aptitude Naturelle in Frankreich

 

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National d’Elevage Braque Saint Germain und Test d'Aptitude Naturelle in Frankreich
Von Annette Kastner und Winfried Kaufer

Zunächst einmal ein kurzes Vorwort zur Jagd in Frankreich: Die Jagd ist dort Bürgerrecht und Nationalsport schlechthin. Mehr als 1 Millionen Franzosen haben eine Flinte im Schrank stehen. Früher war die Jagd nur dem Hochadel vorbehalten, seit der Revolution von 1789 aber ist sie auch dem "einfachen Bürger" gestattet, und alles was von der Revolution übrig geblieben ist, ist den Franzosen noch heute heilig!
Das Gewicht der frz. Jäger in der Gesellschaft darf keinesfalls unterschätzt werden. Es gab z.B. 1998 eine Gesetzesvorlage die vorsah, die Schonzeit für Wasservögel um 2 Monate zu verlängern - daraufhin demonstrierten über 100.000 Menschen in Paris dagegen und erreichten, dass die Vorlage gekippt wurde - obwohl damit europäisches Recht gebrochen wurde.
In Frankreich gibt es viel Schwarzwild; dafür werden aber hauptsächlich die chiens courrants (Laufhunde) in Meuten eingesetzt. Ansonsten ist die Jagd auf Zugvögel bzw. Singvögel besonders beliebt, (denn die sind in Frankreich eine hoch geschätzte Delikatesse!) und natürlich die Jagd auf Federwild mit dem Vorsteher. Grundsätzlich werden dabei gern Spezialisten eingesetzt.

Der deutsche Klub für Französische Vorstehhunde betreut umfassend und mit viel Engagement alle frz. Rassen; trotzdem wollten wir uns im Ursprungsland "unserer Rasse", der Braque Saint Germain (BSG), einmal einen Überblick und einen Vergleich der einzelnen Zwinger verschaffen, da die BSG eine eher seltene Rasse ist und in Deutschland alle Hunde mehr oder weniger den gleichen Grundstock haben. Allerdings gibt es auch in Frankreich nicht viele Züchter, wobei man jedoch beachten muss, dass das Zuchtsystem dort völlig anders ist, man z.B. keinen eingetragen Zwingernamen braucht, um einen Wurf regulär beim Verband registrieren zu lassen.
Jedenfalls nahmen wir sehr gern die Einladung zur Nationale d'Elevage, diesmal in der Haute Provence, an. Alle 2 Jahre gibt es diese große nationale Zuchtschau mit ebenso großem Fest, und diesmal fand am nächsten Tag auch noch die „TAN“, das französische Pendant zur Anlagenprüfung für alle Vorstehhunde statt.

Zuerst war am Samstag also die National d'Elevage – die Zuchtschau. Die ist in Frankreich eher ein Familienfest, ganz locker und ungezwungen. Die Klassen reichen von Baby bis Superveteran. Im Gegensatz zu deutschen Gepflogenheiten werden allerdings in einem separaten, kleinen Ring zunächst bei allen Hunden die Zähne kontrolliert und die Größe gemessen.
Gerichtet wurde von Michel Bonn, einem alten Experten. In Frankreich müssen die Zuchtrichter für Vorsteher übrigens auch Jagd richten können und umgekehrt.
Monsieur Bonn nahm sich viel Zeit für jeden einzelnen Hund, der eher ruhig im Schritt neben dem Führer vorgeführt werden sollte. In Deutschland werden die Hunde stattdessen ja vorgetrabt (was eigentlich kontraproduktiv ist, schließlich soll die BSG ein Galoppierer sein und nicht traben).
Die Klassen kamen ziemlich durcheinander an die Reihe; welche Klasse gerade komplett war, war dann auch dran. Eltern nahmen ihre Kinder mit in den Ring bzw. ließen die Hunde von ihnen vorführen während sie selbst hinterher gingen. Alles kein Problem – wie gesagt, man liebt es ungezwungen und familiär. Stolz waren wir natürlich, dass in einer stark besetzten Zwischenklasse unsere kleine „deutsche“ BSG mit Excellent 3 bewertet wurde, denn das heisst für uns, dass wir in Deutschland doch sehr gut im Standard der Franzosen liegen.

Im Anschluss an die eigentliche Schau gab es von der Präsidentin des Clubs, Mme Faquembert, und Michel Bonn noch eine Extra-Lehrstunde über die beiden unterschiedlichen Typen der BSG und die Points die diese Hunde unbedingt haben sollten.
Am Abend folgte ein großes Barbecue auf dem Campingplatz, wo die meisten Franzosen sich ein Mobilhome gemietet hatten. Zunächst trafen wir uns alle vor dem Wagen der Präsidentin, jeder brachte Stühle oder andere Sitzgelegenheiten mit, und es wurde erstmal der eine oder andere Pastis getrunken; so mischte sich die Menge schon mal auf, und jeder versuchte sich mit jedem zu unterhalten. Auch die Nichtfranzosen wurden sofort in die „Familie“ aufgenommen; notfalls redete man eben mit Händen und Füßen.
Danach folgte das Barbecue und spät am Abend wurde mit einem großen Kuchen und einem Gemälde noch der Richter Michel Bonn verabschiedet, denn er hat nun die Altersgrenze erreicht und dies war eines seiner letzten Engagements.

Nach einer extrem kurzen Nacht war es dann Zeit für die französische TAN (Test d'Aptitude Naturelle), also den Anlagentest für Vorstehhunde (aller Rassen).
Das Ziel ist die Qualitätsbewertung der natürlichen Mindestanlagen die der Vorstehhund besitzen muss. Im Gegensatz zu Deutschland braucht man übrigens keinen Jagdschein zu haben, um teilnehmen zu können! Ganz im Gegenteil, (zumindest) der Verein achtet darauf (und versucht die Hundekäufer zu überzeugen), dass möglichst viele Hunde an der TAN teilnehmen, damit die Anlagen der Rasse fortwährend überprüft werden können.
Die Prüfung bewertet die Art und Weise, wie der Hund arbeitet, nicht den Grad seiner Abrichtung. Zugelassen sind Tiere von 6 bis 36 Monaten. Die Richter müssen sowohl die jeweilige Rasse und ihre spezifischen Eigenschaften kennen, als auch die Jagd und die Jagdprüfungen mit ihnen. Das Terrain sollte repräsentativ für die Gegend und die Jagd sein, sogar der Bewuchs ist vorgeschrieben. Das Federwild (in unserem Fall Rebhuhn) wird vom gastgebenden Verband besorgt. Das Wild wird für den Prüfling nicht sichtbar in einer Deckung ausgesetzt, und der Hund muss es in 5 -10 Minuten finden - ansonsten kann er die Prüfung nicht bestehen.

Der genaue Ablauf ist folgender: Das Rebhuhn wird auf einem Feld von ca. 100 m Länge ausgesetzt. Ein oder mehrere Richter beginnen mit dem jeweiligen Hund und Führer mit der Suche am Anfang des Feldes in Richtung Rebhuhn. Bewertet werden Jagdpassion, Arbeitseifer, Nase, Finderwille. Wenn der Hund ans Rebhuhn kommt, muss er vorstehen (bewertet wird die Art des Vorstehen und auch in Frankreich stehen sie schon "durch"), der Führer muss schnellstmöglich an den Hund, der Richter schiesst mit der Pistole, -zum überprüfen der Schussfestigkeit- und der Hund wird wieder angeleint. Ausserdem fliesst die Ausgeglichenheit des Hundes während des Parcours und die Führerbindung in die Bewertung mit ein.
Wir waren sehr gespannt wie unsere BSG Weika sich bei der Prüfung schlagen würde. Bis dato hatte sie noch nie ein Rebhuhn gesehen oder in der Nase gehabt, und vor uns gab es auch schon den ersten Durchfaller. Das Terrain war lang und die Bedingungen schwierig, da in dieser Gegend die Ausläufer des Mistrals spürbar sind und sich der Wind deshalb dauernd dreht.

Quersuche war kein Problem für Weika, obwohl die Franzosen eine etwas impulsivere Suche bevorzugen. Sie kam auch bis zum Rebhuhn, stand perfekt vor, Schuss durch den Richter, das Rebhuhn verschwand in die Dornenhecke, Weika hinterher, und da sie bereits gelernt hat, dass sie bringen muss, griff sie den Vogel und apportierte perfekt zum Führer zurück, setzte sich und gab auf Befehl aus.
Nachdem alle Teilnehmer ihre Prüfung absolviert hatten, folgte noch die übliche Richterbesprechung, bei der auch Empfehlungen für die einzelnen Hunde gegeben wurden, aber keine Platzierung oder Ernennung von Suchensiegern wie bei uns in Deutschland. Es heisst einfach bestanden oder nicht bestanden.
Weika hat bestanden, und jetzt sind wir mit ihr schon zu den Fields-Trials eingeladen, aber bis dahin müssen wir noch ordentlich Französisch pauken..!

Alle Fotos: Annette Kastner und Winfried Kaufer

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