Jagdhund ohne Jagdschein? •• Jagdhunderassen •• Laufhunde/Meutehunde/Bracken •• Jagd und Jäger •• Erziehung & Ausbildung
Die AutorInnen Fotogallerie Bücher & DVD Links Kontakt Copyright/Haftungsausschluss

Erfahrungen mit dem


Kleinen Münsterländer

 

Menü Erfahrungen mit dem...


> Züchterinterviews
> Portraits
> Wissenswertes



home

Erfahrungen mit dem Kleinen Münsterländer
Von Sabine Middelhaufe

Im Gegensatz zu den britischen Vorstehhunden, die als reine Vorstehspezialisten für die Feldjagd gezüchtet wurden, hat man sich in Deutschland stets bemüht, Allrounder zu schaffen, die für alle Arbeiten einzusetzen sind. Das gilt auch für die Münsterländer, und entsprechend umfangreich ist ihr Aufgabengebiet.
Schauen wir uns zunächst die Jagd auf Federwild im Feld an. Sie führt zum Erfolg, wenn der Münsterländer sich in zügigem Tempo gegen den Wind und in angemessen weiten Schleifen von einem Feldrand zum anderen vorwärts schraubt, um die Witterung der Vögel, die sich dort irgendwo drücken, aufzunehmen. Schneidet er eine Zone mit Witterung an, dreht der Hund sofort bei, verlangsamt seinen Galopp zum Schritt, um sich vorsichtig an die Duftquelle heran zu arbeiten und erstarrt dann plötzlich in Vorstehhaltung: Hals vorgestreckt, Kopf etwa in Rückenhöhe, die bewegungslose Rute oft leicht abwärts geneigt verharrt er, während seine Nase auf das gefundene Wild vor ihm weist. Versucht der Vogel, sich davon zu schleichen, zieht der Münsterländer behutsam nach. In immer gleichem Abstand und stets darauf bedacht, Kontakt zum Führer zu halten, verfolgt er das Wild, steht erneut vor, wenn es sich drückt, zieht ruhig und sicher nach, wenn es sich noch einmal zur Flucht wendet. Fliegt der Vogel schliesslich auf und der Jäger kommt zum Schuss, bleibt der Münsterländer derweil ruhig an seinem Platz, beobachtet idealerweise wo die Beute fällt und läuft erst auf Kommando zum Apportieren.

Mitunter passiert es, dass der nur verletzt gefallene Vogel noch ein beträchtliches Stück zu Fuss flieht, so dass der Hund erneut suchen muss, diesmal freilich mit der Nase auf dem Wundgeläuf. Schwieriger wird die Sache, wenn die Beute vom Hund ungesehen gefallen ist. Nun heisst es in planmäßiger Suche, von den Handzeichen des Führers unterstützt, die Körperwitterung von Fasan oder Rebhuhn ausfindig zu machen.
Je nach Terrain muss der Münsterländer ausser der systematischen, weiträumigen Suche mit hoher Nase auch das Buschieren beherrschen, bei dem niedere Deckung sowohl im Feld als auch im Wald "unter der Flinte", d.h. im Bereich der Schrote, nach Federwild oder Hasen abgesucht wird, die er dann jeweils durch Vorstehen anzeigt.
Eine der wichtigsten Disziplinen im Wald ist das Stöbern, das vom Münsterländer ein erhebliches Maß an Selbständigkeit und Jagdverstand erfordert. Der Hundeführer bezieht dafür zunächst einen geeigneten Standort am einen Ende des durchzuarbeitenden Waldabschnittes, schnallt hier den Hund und schickt ihn zur Suche. Der Münsterländer läuft nun um das Suchgelände herum, bis er eine Ausgangsposition findet, die ihm erlaubt, mit dem Wind zu stöbern, denn so kann das Wild zwar den Hund wittern, nicht aber den wartenden Schützen. Systematisch durchstöbert er den Suchabschnitt und respektiert dabei gewissenhaft die Terraingrenzen, da er das Wild flott finden und dem Jäger zutreiben soll. Manche Münsterländer kündigen dem Führer das Nahen der Beute mit Spurlaut an; andere sind nur Sichtlaut. In jedem Falle aber wird der Münsterländer seinem Herrn "sagen", dass Wild auf ihn zu kommt.
Bei Treibjagden im Wald verhält sich der Münsterländer ähnlich: wieder gilt es, Wild aufzustöbern und an die Grenze des Treibens, diesmal freilich von den Reihen den wartenden Schützen gebildet, zu bewegen. Ein Münsterländer, der die Grenzen des Treibens respektiert und laut und sicher stöbert, kann durchaus die Treiber ersetzen, zumindest aber sie sinnvoll ergänzen.
Beim Pirschgang im Wald folgt der Münsterländer seinem Führer bei Fuss und absolut still. Zwar zeigt er durch sein Verhalten an, ob er Witterung aufgenommen hat, und macht sich schon dadurch äusserst nützlich, doch muss er ansonsten völlige Ruhe wahren. Solange der Jäger ansitzt, legt er den Hund ab. Erst wenn das geschossene Schalenwild nachgesucht werden muss, tritt der Münsterländer wieder in Aktion. Dank seiner hochentwickelten Nase, dem enormen Willen, der Schweissfährte zu folgen und dem starken Trieb, der Beute habhaft zu werden, führt er den Jäger an der langen Leine zum Versteck des Wildes. Ist dem Stück noch genügend Energie verblieben, setzt es nun erneut zur Flucht an und der an dieser Stelle geschnallte Hund wird es laut verfolgen. Eingeholtes Rehwild kann der Münsterländer auch selbständig niederziehen und töten, hat er hingegen Hochwild gestellt, muss er durch anhaltenden Standlaut den Führer zur Stelle rufen, der es unverzüglich tötet.
Findet der Münsterländer am Ende einer Suche Wild, das er nicht apportieren kann, dirigiert er seinen Herrn durch ständiges Lautgeben zum Ort; man nennt ihn dann einen Totverbeller.
Anders reagiert er als Totverweiser: in diesem Falle verlässt er das tote Stück, eilt ohne Verzug zum Führer und lenkt diesen durch unmissverständliches Gebaren zur Beute zurück.
Der "Bringselverweiser" schliesslich sucht ebenfalls umgehend seinen Führer auf, bekundet jedoch durch das symbolische Apportieren eines an seiner Halsung gut greifbar befestigten Bringsels, dass er das Wild gefunden hat. Der Herr weiss dann mit absoluter Sicherheit, dass das Stück tot ist und folgt seinem Münsterländer zum Fundort.
Eine weitere Aufgabe der Rasse ist die Wasserarbeit, also das Aufstöbern und, nach dem Schuss, das Bringen von Wasserwild. Ob am Ufer, im Schilf oder im tiefen Wasser, der Münsterländer arbeitet hier gemäß den richtungsweisenden Handzeichen des Jägers, um eine stille Zusammenarbeit zu gewährleisten. Ist der Führer nach erfolgreichem Stöbern des Hundes zum Schuss gekommen, muss dieser das verletzt davon tauchende Wild verfolgen und einholen und wie das tödlich getroffene Wild auch aus dem tiefen Wasser bringen und korrekt übergeben.

Um die Leistungsfähigkeit dieser Rasse ermessen zu können, lohnt es durchaus, sich auch einmal die Prüfungen anzusehen, die ein Kleiner Münsterländer meistern soll. Zum ersten Mal kann der junge Münsterländer seine Anlagen im Rahmen der stets im Frühling stattfindenden VJP (Verbandsjugendprüfung) zeigen, an der er mit frühestens 7 und höchstens 19 Monaten teilnehmen darf. Da eine versäumte VJP wegen des Zeitfensters nicht mehr nachgeholt werden kann, wird sich wohl jeder Münsterländer Führer bemühen, seinen jungen Schüler dort unter Beweis stellen zu lassen, dass er:
- bereit ist, mit seinem Herrn zusammen zu arbeiten;
- im Feld schussfest ist (zur Prüfung der Schussfestigkeit werden während der Suche in einer Entfernung von ca. 30-50 m zum Hund zwei Schrotschüsse in die Luft abgegeben);
- den nicht oder nicht mehr sichtbaren Hasen oder Fuchs mit Entschlossenheit und Spursicherheit verfolgt (bei der Beurteilung müssen mehr der Spurwille, die Spursicherheit und die Schwierigkeit als die Länge der Spur berücksichtigt werden; Gelände- und Situationsabhängig);
- generell willens ist, Wild zu suchen und zu finden ( d.h. er muss bei der Suche zeigen, dass er etwas finden will und gefundenes Wild durch Vorstehen anzeigen. Das gefundene Wild wird vom Hundeführer herausgetreten, um es zu bestätigen) und dabei seine Riechfähigkeit erfolgreich einzusetzen weiss;
- dass er die angeborene Vorstehanlage besitzt, (bevorzugt am Federwild - Fasan, Rebhuhn - aber auch an anderem Wild) auch wenn das feste Durchstehen vielleicht noch perfektioniert werden muss (Nachprellen wird nicht als Fehler gewertet, ist aber Prädikatsmindernd);
- dass er bei der Prüfung die Hasen- oder Fuchsspur spur- oder doch wenigstens sichtlaut arbeitet,(gibt er anhaltend Laut, nennt man ihn spurlaut, sticht er den Hasen und verfolgt ihn sichtig, ist er sichtlaut);
- und sich ganz allgemein so zu verhalten weiss, dass er bei der Prüfung die anderen arbeitenden Hunde nicht stört und seine eigene Beurteilung nicht gefährdet (das Verhalten der Hunde, die gerade nicht arbeiten, wird während der gesamten Prüfung von den Richtern beobachtet, sie dürfen nicht winseln oder Laut geben.)
Falls er während seiner Arbeit auf Wild stösst, wird ihm in diesem Alter noch nicht angelastet, wenn er kurzfristig hinterher läuft und den Rückruf seines Führers zunächst ignoriert, völlig aus der Hand gehen, d.h. sich ständig der Einwirkung seines Führers entziehen, darf er dabei freilich nicht.
Im Herbst des selben Jahres steht für den nun mindestens 13 aber höchstens 25 Monate alten Münsterländer die HZP (Herbstzuchtprüfung) an. Noch einmal (oder bei Versäumnis der VJP zum ersten Mal) werden die Fächer der VJP geprüft, doch diesmal mit höheren Ansprüchen, so muss etwa bei der HZP die Suche planmäßig sein (bei VJP reichte fleissig und ausdauernd) und es wird der Gehorsam benotet.
Ferner kommen einige neue Fächer hinzu: der Hund muss nun eine Haar- und Federwildschleppe arbeiten (diese
wird direkt vor Ausführung des Prüfungsfaches frisch gezogen; Haarwildschleppe 300 m und Felderwildschleppe 150 m lang) und das Schleppobjekt sauber apportieren; er muss seine Schussfestigkeit am Wasser beweisen (denn hier hört sich das Schussgeräusch anders an als an Land); im schilf- oder sonstwie deckunsgreichen Gewässer max. 15 Minuten nach der lebenden Ente stöbern und sie nach dem Schuss bringen.
Solche Anforderungen machen deutlich, dass der Münsterländer zu diesem Zeitpunkt seine Ausbildung weitgehend abgeschlossen haben muss, denn nur perfekter Gehorsam am Hasen und am Federwild wird noch nicht verlangt, da es sich hier nicht um eine Brauchbarkeits- sondern eine Anlagenprüfung handelt. Sehr viel Wert legt man hingegen auf die Wasserarbeit und das korrekte Apportieren.
Im selben Jahr oder im Herbst des Folgejahres kann der Münsterländer dann die Verbandsgebrauchsprüfung (VGP) ablegen, die freilich wahre Meisterschaft von Hund und Herrn erfordert, denn nun gilt es zu zeigen, dass beide in der Lage sind, in jedem Terrain und unter allen Bedingungen gemeinsam die Erfordernisse der jagdlichen Wirklichkeit zu konfrontieren.
Neben einer strengeren Version der Fächer von VJP und HZP kommen nun hinzu:
- Fuchsschleppe (sie wird direkt vor Ausführung des Prüfungsfaches im Wald frisch gezogen und ist 300 m lang) mit Bringen des Fuchses über ein Hindernis hinzu,
- Schweissfährte (400 m lang, als Tagfährte 2-5 Stunden, als Übernachtfährte mindestens 14 Stunden alt),
- Stöbern im Wald (max. 10 Minuten),
- Stöbern in deckungsreichem Gewässer
- sowie Arbeit unter der Flinte (in Stangenholz, auf niedrigen Kulturen oder kurz bewachsenen Schlägen muss der Hund buschieren, also unter der Flinte suchen. Wichtig ist hierbei, dass er den Kontakt zum Hundeführer hält).
Selbstverständlich wird zu diesem Zeitpunkt vollkommener Gehorsam vom Hund erwartet.

Fotos 1, 3, 6: Cornelia Bögli; 2, 4, 5: Christian Brinkmann.

Zum Züchter Interview
Zum Kurzportrait
Zum Fotoalbum Münsterländer

home Seitenanfang Menü Fotoalbum