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Dunker

 

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Hasenjagd mit dem Dunker in Norwegen
von
Per Harald Sivesind und Sabine Middelhaufe

Um die Jagdmethode des Dunker besser zu verstehen muss man sich zunächst sein Ursprungsland und dessen Traditionen ein bisschen genauer anschauen. Norwegen, dessen nördliche Hälfte oberhalb des Polarkreises liegt, ist ungefähr zu einem Viertel mit Wald bedeckt und geprägt von seiner extrem langen Küstenlinie, den hohen Gebirgszügen im Landesinneren, den Mooren und kargen Fjelllandschaften (Hochgebirgen oberhalb der Baumgrenze), den Hügeln und Äckern im Süden.
Klima und Vegetation sind also sehr unterschiedlich: im Innenland herrschen ausgedehnte Fichten- und Kiefernwälder vor, im Süden Laubmischwälder, während in den Bergen und im Norden des Landes vor allem Birkenwälder das Landschaftsbild bestimmen. Das südliche und südwestliche Küstengebiet ist relativ mild und schneearm, in Mittelnorwegen und dem östlichen Innenland hingegen sinken die Temperaturen im Winter bis auf – 30 Grad und im noch kälteren Norden kommt hinzu, dass es im Winter auch tagsüber recht dunkel bleibt, was das Jagen begreiflicherweise nicht erleichtert.
Die Hasenjagdsaison beginnt landesweit am 10. September, endet in den südlichen Regionen am letzten Februartag und in den nördlichen am 15. März. In manchen Gebieten kann es dem Jäger ohne weiteres passieren, dass seine Saison bei + 20 Grad beginnt und im Dezember und Januar unterbrochen werden muss, weil niemand mehr bei – 30 Grad Frost jagen geht. Auch die ersten Schneefälle können in Mittelnorwegen im Oktober einsetzen, üblicherweise aber erst im November. In jedem Falle macht dies deutlich, dass der Laufhund in Norwegen extrem anpassungsfähig sein muss, um mit den so unterschiedlichen Klimata, Temperaturen und Terrains fertig zu werden.

Wie im Rasseportrait bereits erwähnt hat die Hasenjagd in Norwegen eine Jahrhunderte alte Tradition. Im Süden benutzte man dabei von jeher spezielle Hasenhunde, im Norden hingegen waren diese Laufhunde ursprünglich nicht verbreitet, weil es dank einer relativ kopfstarken Hasenpopulation keines besonders veranlagten Hundes bedurfte, ganz anders als im Süden. Erst in den letzten etwa 10 Jahren haben auch die Jäger im Hohen Norden die Faszination der Hasenjagd mit dem “hare-hound” entdeckt. Ganz allgemein hat die noch im 20. Jahrhundert weit verbreitete Hasenjagd allerdings etwa mit Beginn der 90er Jahre zunehmend an Bedeutung verloren. Die Norwegian Hare-hound Federation zählte im Jahr 2009 nur noch ca. 3300 Mitglieder, bei einer geschätzten Gesamtzahl von 4-5000 Hasenjägern im ganzen Land. So wundert es nicht, dass man früher in der Gruppe zum Jagen zog, während der Hundeführer heute meist allein oder mit ein, zwei Freunden aufbricht.
Der Hase weidet und bewegt sich vor allem nachts und sucht sich für den Tag ein geeignetes Versteck; der Hasenhund, ganz gleich wo in Europa er arbeitet, soll die Weidegründe des Hasen absuchen, die Nachtfährte finden und sie zunächst bis zur Sasse ausarbeiten. Üblicherweise lässt der Jäger seinem Dunker 10-30 Minuten Zeit, um nach dieser Fährte zu suchen. Er selbst folgt entweder langsam dem Hund oder setzt sich irgendwo hin und wartet einfach ab. Stellt der Dunker nämlich fest, dass in dem bestimmten Gebiet keine Hasenwitterung vorhanden ist, kehrt er von sich aus zum Herrn zurück und die beiden gehen gemeinsam in einen anderen Abschnitt des Geländes.
Vielleicht sollte man an dieser Stelle präzisieren, dass in Norwegen mit dem Begriff Hase eigentlich immer der Schneehase gemeint ist, da Feldhasen dort so selten sind, dass sie praktisch als inexistent gelten. Da die beiden Arten aber sehr unterschiedliche Verhaltensweisen haben, - der Feldhase bewegt sich beispielsweise auch mal mehrere Kilometer fast geradlinig vorwärts, während der Schneehase stets in einer bestimmten Zone kreuz und quer umher läuft - bekommen unerfahrene Dunker durchaus Probleme, wenn sie im Ausland zur Jagd oder zu Prüfungen auf Feldhasen geführt werden. Dem kann man nur Abhilfe schaffen, indem man schon die Junghunde an dieses Wild gewöhnt. Schneehasen bewegen sich während der “Mahlzeit” sehr viel; sie hoppeln an eine bestimmte Stelle, fressen, hoppeln ein Stück weiter, fressen wieder ein bisschen und so geht das in einem fort. Für den Hund ergibt sich daraus natürlich ein enorm verzwicktes Geruchsrätsel, da er unter den vielen Fährten die eine finden muss, die von der Weide weg in den Wald führt. Um das zu schaffen, sucht der Dunker das Gelände um einen Futterplatz kreisförmig, genauer gesagt in immer weiter werdenden Kreisen ab, um auf die Witterung zu stossen, die der Hase beim Verlassen dieses Ortes zur nächsten Station seiner Mahlzeit und schliesslich beim Weg in sein Versteck produziert hat. Es gibt zwar einige Dunker, denen dieses genetisch bestimmte Verhalten fehlt, und die deshalb der Fährte Schritt für Schritt folgen, aber Jäger schätzen und bevorzugen Hunde mit Kreissuche, da sie normalerweise den Hasen viel schneller finden als ihre Kollegen, die die gesamte Fährte durchbuchstabieren.
Der sog. Nachtfährte folgt der Dunker dann schweigend bis zum Versteck des Hasen und erst jetzt beginnt die Laute Jagd. Viele Dunker tun, wenn sie den Hasen aufspringen sehen, einen Schrei der Freude und Erregung, der im Norwegischen einen besonderen Begriff hat, nämlich “beskrik”.
Aufgabe des Dunkers ist es jetzt natürlich, das Wild in Bewegung zu halten und seinen Herrn durch ständigen Spurlaut genaustens darüber zu informieren, wo sich die Beute gerade befindet, damit der Jäger eine geeignete Stelle ausmachen kann, um den Hasen dort zu erwarten. Das ist keineswegs so einfach; der Jäger muss das Gelände kennen, es “zu lesen” wissen und natürlich die Stimme seines Hundes korrekt interpretieren, denn der gibt in unterschiedlichen Tönen und Frequenzen Laut, je nachdem, wie weit er noch vom Wild entfernt ist. Oft wird der Laut intensiver und heller, wenn er sich dem Wild sehr nahe weiss und entsprechend geringer, wenn es noch fern ist.
Dunker im Alter von bis zu 4 Jahren sind häufig vollkommen still, wenn der Hase mehr als 10 Minuten vor ihnen flieht, aber mit zunehmendem Alter mag es sein, dass sie bei dieser Gelegenheit zumindest ein wenig Laut geben.

Der Hundeführer erkennt jedenfalls an der Stimme seines Hundes, wann er die Beute erwarten kann. Normalerweise hat der Hase 1-5 Minuten Vorsprung vor seinem vierbeinigen Verfolger und viel hängt bei der richtigen Positionierung des Schützen vom Gelände und natürlich dem Hasen ab, der eine sehr weiträumige, lange Flucht oder im Gegenteil eine kurze und begrenzte zeigen kann. Je nach Luft- und Bodentemperatur, Feuchtigkeit, Wind usw. verliert der Dunker vielleicht zwischendurch auch zwei oder dreimal die Fährte des gewitzten Hasen und braucht eine Weile, um sie wiederzufinden, denn zu einer anderen frischen Fährte überwechseln wird er eigentlich nie.
Dies ist auch einer der Hauptgründe wieso bei Arbeitsprüfungen in Norwegen für den 1. Platz insgesamt 120 Minuten Laute Jagd verlangt werden: der Dunker soll seinen für die Praxis unerlässlichen, starken Jagdtrieb unter Beweis stellen, seine Ausdauer, seinen Willen und die Fähigkeit, die verlorene Fährte wiederzufinden. In dieser letztgenannten Phase arbeitet er selbstverständlich schweigend, so dass seine reale Jagdzeit, auch während der Prüfung, weit über 120 dauern wird! Ein Hasenhund der innerhalb von 180 Minuten 120 Minuten laut jagt wird als sehr gut betrachtet. Bei der Prüfung wird es so gehandhabt, dass ein 5 minütiger Verlust der Fährte gar nicht als solcher angerechnet wird. Überschreitet der Dunker aber dieses Limit, wird die Stoppuhr für die Laute Jagd erst wieder eingeschaltet, wenn er die Fährte erneut hörbar aufgenommen hat. Gelingt es dem Hund, nach einem Fährtenverlust von über 90 Min. den Hasen wiederzufinden, wird dieser als neues Stück angesehen und seine Verfolgung als neue Jagd gewertet.

Die Anforderungen während der Prüfung in Norwegen sind für alle Hasenhunde gleich; es werden 11 verschiedene Aspekte auf einer Skala von 1-5 bewertet. Beispiel Lautgeben auf der Nachtfährte: 5 ist exzellent (der Hund jagt stumm), 4 sehr gut (er gibt sehr wenig Laut), 3 gut, 2 ausreichend, 1 mangelhaft, und der Buchstabe G steht für ungenügend, denn der Hund klingt so, als hätte er den Hasen gefunden, während der auf der Flucht ist wenn der Hund die Nachtfährte arbeitet. Je nachdem, wieviel Laut der Hund gibt erhält er also seine Punktzahl oder ein "G".
Die Anforderungen sind im einzelnen folgende :
1) Jagdinstinkt (wichtigster Aspekt) (Punkte x 3).
2) Zusammenarbeit zwischen Hund und Führer und Suche im Gebiet (P x 1).
3) Arbeit vom Moment da er die Nachtfährte findet bis zur Flucht des Hasen aus seinem Versteck; Effektivität (P x 2).
4) Stimme auf der Nachtfährte (P x 1).
5) Stimme bei Fährtenverlust (P x 2).
6) Arbeit während der Lauten Jagd (los) (P x 2).
7) Stimme bei Fährtenverlust während der Lauten Jagd; Effektivität (P x 2).
8) Häufigkeit des Lautgebens während der Lauten Jagd in Abhängigkeit von der Distanz zum Hasen (P x 1).
9) Wie gut man die Stimme hören kann (P x 2).
10) Körperliche Verfassung des Hundes (P x 1).
11) Gehorsam (P x 1).
Diese Punkte werden zur “los” Zeit dazu gezählt.

In der Jagdpraxis mag es jedenfalls eine Weile dauern, bis der Jäger den passenden Ort bestimmen kann, um die Beute abzufangen, speziell, wenn er im Wald allein mit seinem Hund unterwegs ist.
Wer nun meint, es sei eine extreme Belastung für den Hasen, so lange und hartnäckig vom Dunker verfolgt zu werden, lasse sich eines Besseren belehren: in der Regel ist es der Hase, der den Hund kontrolliert. Wenn Meister Lampe zum Beispiel erkennt, dass dieser 5-10 Minuten hinter ihm ist, macht er ohne weiteres eine Pause, um in Ruhe zu fressen!
In manchen Gebieten Norwegens ist die Hasenpopulation derart gering, dass man vom Dunker erwartet, sich mindestens für 90 Minuten zu bemühen, die verlorene Fährte wiederzufinden, statt – wenig aussichtsreich – nach einer anderen zu suchen. Bekanntlich ist der Hase ein Experte darin, den jagenden Hund in die Irre zu führen und zu verwirren. Oft läuft er auf seiner eigenen Fährte zurück, bis er fast mit dem Hund zusammen trifft, nur um im letzten Moment einen weiten Sprung 90 Grad von der Fährte weg zu machen. Die Benutzung staubiger Wege, die kaum Witterung halten, gehört ebenfalls zu den Tricks, mit denen Meister Lampe seinen Verfolger abzuschütteln versucht.
Freilich wird der Dunker aus Schaden rasch klug. Wenn er die Fährte verliert untersucht er die Umgebung zunächst in immer weiter werdenden Kreisen ganz systematisch nach dem Anknüpfungspunkt. Falls das nicht zum Erfolg führt, arbeitet er die Hasenfährte rückwärts und untersucht dabei das Gebiet zu beiden Seiten der Geruchsspur. Üblicherweise findet er mit dieser Methode den Anschluss innerhalb eines akzeptablen Zeitraums wieder.

Vorausgesetzt sein Herr hat die Bewegungen von Hund und Wild aufmerksam verfolgt und zum richtigen Zeitpunkt seinen Ansitz gewählt, wird die Brackade mit einem erfolgreichen Schuss enden und natürlich soll gerade der junge Hund nun die Befriedigung erleben, die Beute ausgiebig beriechen zu dürfen. Je nachdem, wie lange die Jagd gewährt hat, spricht nichts dagegen, den Dunker nach einer Verschnaufpause in ein angrenzendes Gelände zu bringen und dort erneut zur Suche zu schicken.
Mit Hilfe des GPS ist einfach festzustellen, dass der Dunker an einem durchschnittlichen 5-6 Stunden Jagdtag 30-35 km zurücklegt; einige Hunde bringen es sogar auf 40 – 50 km, andere laufen weniger (20 – 25 km), aber so viel ist klar, dank seiner Passion und Ausdauer hat der Dunker keine Mühe, stundenlang zu arbeiten, und langweilig wird ihm die Hasenjagd garantiert nie!
Für Interessierte hier noch ein kleines Glossar mit speziellen Begriffen aus dem norwegischen Hasenhundewesen:
Utslag: wenn der Hund beginnt, in einem bestimmten Gebiet nach der Hasenfährte zu suchen. Man wünscht, dass er dies selbständig für 10-30 Minuten tut.
Fot: wenn der Hund die Nachtfährte gefunden hat, ihr folgt und nun versucht, das Versteck des Hasen zu erreichen.
Uttak: wenn der Hund das Versteck des Hasen gefunden hat und der Hase seine Flucht beginnt.
Beskrik: ein Hund, der den Hasen aufspringen sieht, tut oft einen “Schrei”, bevor er begeistert zur Verfolgung ansetzt. Diese erste Lautäußerung nennt man “beskrik”.
Los: die Laute Jagd, wenn der Hund also das Wild spurlaut verfolgt. (Eine Symphonie für Laufhunde Enthusiasten!)
Nyansering: der Hund gibt in unterschiedlichen Tönen und Frequenzen Laut, je nachdem, wie weit er noch vom Wild entfernt ist. Oft wird der Laut intensiver und heller, wenn sich der Hund dem Wild sehr nahe weiss und entsprechend weniger intensiv, wenn er ihm noch fern ist. Dunker im Alter von bis zu 4 Jahren sind häufig vollkommen still, wenn der Hase mehr als 10 Minuten vor ihnen flieht, aber mit zunehmendem Alter mag es sein, dass sie bei dieser Gelegenheit ein wenig Laut geben. Der Hundeführer erkennt jedenfalls an der Stimme seines Hundes, wann er die Beute erwarten kann.

Aus: die Häufigkeit des Lautgebens während der “Los-Zeit”.
Tap: wenn der Hund die verlorene Fährte wiederzufinden versucht.
Post: die Stelle, an der der Jäger nach richtiger Einschätzung des Geländes das Wild erwartet.
Ture(r): die Art, wie der Hase sich während der Lauten Jagd in einem Gebiet bewegt, nämlich nicht in Kreisen, sondern indem er das Gelände in ganz verschiedene Richtungen kreuzt. Einige solcher Kreuzungspunkte können hervorragende Anstände sein.

Alle Fotos: Per Harald Sivesind (Norwegen)

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