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Jagd & Jäger

Wenn einheimische Jagdgebrauchshunderassen
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Wenn einheimische Jagdgebrauchshunde ins Ausland gehen...Teil 2
Von Sabine Middelhaufe

2. Sollte es dem HF im Ausland frei stehen, wie er seinen Hund verwendet, da die Konsequenzen auf ihn selbst und seinen Hund begrenzt bleiben, oder sollte ein Jäger sich grundsätzlich keine ausländische Rasse anschaffen, die gemäss der im Ursprungsland definierten Verwendbarkeit nicht vollkommen zu seinen Jagdmöglichkeiten passt?

- Gabor Essösy: Ich denke, es sollte jedem HF frei stehen, wie er seinen Hund verwendet. Wenn ein Jagdhund nicht gut „funktioniert“, wird das entweder durch sein Umfeld oder durch die Erfolglosigkeit sehr schnell sichtbar.

- Antonio Casamassima: Für die Gesamtheit der Rasse gilt, dass sie im Ausland ihre ursprüngliche Funktion erfüllen muss, auch wenn man im Einzelfalle davon abweichen kann.

- Christian Herb: Es entscheidet immer zuerst: Was muss mein Hund können? Alles Andere ist Nebensache. Wenn der Ausländer besser passt als die gängigen, im Inland gezüchteten Rassen, dann wird es ein Ausländer. Wenn nicht, dann bleibt es beim Inländer. In zweiter Linie ist entscheidend: Komme ich mit einer Rasse zurecht, liegt mir deren Führigkeit und Temperament? Wie bin ich selber? Will ich einen temperamentvollen, schnellen, schwierigen Hund oder lieber einen ruhigen, langsamen, leichtführigen Hund (z.B. Entscheidung Pointer oder französischer Vorstehhund bzw. Bracco). Dann schließlich folgt die Frage nach dem persönlichen Geschmack. Denn kein Jäger erwirbt einen Hund, der ihm nicht gefällt.

Deutsche Bracke in Deutschland. Foto: Klaus Schmadalla
Titelfoto: Vizsla in Ungarn. Foto: Gabor Essösy.

- Johannes Plenk: Man tut sich und dem Hund nichts Gutes, wenn man ganz und gar gegen die Anlagen arbeitet! Aber schließlich sind alle Hunde noch ein bisschen Raubtier, und manche jagdlichen Erfordernisse, wie eine einfache Totsuche oder ein bisserl Stöbern schafft fast jeder Hund, da liegt auch der Vorteil für, sagen wir, ein bisschen instinktverarmte Rassen, die lange der Formwertzucht unterworfen waren - sie sind für Gelegenheitsjäger viel leichter führbar als sehr triebstarke Jagdhunde aus Arbeitszucht. Jeder soll nach seiner Façon unglücklich werden! Ich bin ein Liberaler und dagegen, jede Dummheit zu verbieten, solange ich auch sagen darf, dass es eine ist!

- Marco Prandini: Jeder Jäger sollte sehr genau analysieren, welche Rasse er für die Art der Jagd, die er durchführen will, benutzen kann. Dies natürlich bevor er einen Hund auswählt und in den heimischen Zwinger bringt. Er sollte sich dabei weder vom Aussehen der Rasse beeinflussen lassen, der Einfachheit, sie zu erwerben, noch sonstigen Variablen, die wenig mit der eigenen Jagdweise zu tun haben. Sicher wird jeder Jäger seinen Hund so verwenden, wie er meint, aber er muss sich auch bewusst sein, wenn er den Hund nicht so einsetzt, wie es der Rasse entspricht.
Der Jäger/Hundeführer darf nicht für "versteinert" gehalten werden, weil er die von ihm gewählte Rasse auch ganz und gar ihren Funktionen und Anlagen entsprechend verwendet. Es wäre wohl viel anachronistischer wenn er vor hätte, die Parameter der Morfologie und Arbeit der Rasse zu verändern, also praktisch eine neue Rasse zu schaffen, aus rein persönlichen Wünschen heraus. Die angemessenen Wege für Einsatz und Zucht gibt es seit langem, sie sind festgelegt und gut umrissen, man muss ihnen nur folgen ohne sie zu verändern.

Erdelyi Kopo in Ungarn. Foto: Eszter Balogh

- Giuliano Mondadori: Ich glaube, dass meine Antwort auf die erste Frage indirekt schon die Antwort auf diese zweite enthält. Es ist aber eine Tatsache, dass der italienische Jäger (ich kann nichts über ausländische Jäger sagen, da ich keine direkten Kenntnisse über sie habe) dazu tendiert, seinen Jagdhund so zu wählen, wie sein Auto: vor allem muss es und muss er ihm von der Ästhetik her gefallen... Es ist also offensichtlich, dass er seine jagdlichen Bedürfnisse nicht im Geringsten miteinkalkuliert, denn zum Glück ist ja jeder Jagdhund anpassungsfähig....

- Elisabeth Smat: Hier würde ich differenzieren. Als Jäger mit eigenem Revier benötige ich einen Hund, der den Erfordernissen des Reviers entspricht. In Revieren mit überwiegender Waldjagd (evtl. viel Schwarzwild) käme für mich kein englischer Vorstehhund in Frage. Bietet ein „Feldspezialist“ aber eine gute Leistung z.B. auf Schweiß, könnte ich mir vorstellen, ihn auch hier einzusetzen.

- Winfried Kaufer: Die Frage muss bei jedem Hund individuell gestellt werden. Im Ursprungsland wird die BSG fast nur auf Federwild geführt, bei uns wird sie eher als Allrounder eingesetzt. Man muss wissen, warum man sich für einen bestimmten Hund entscheidet und dann mit den entsprechenden Konsequenzen leben. Ein Überfordern oder puren Zwang über die Anlage des Hundes hinaus lehnen wir kategorisch ab. Wir haben z.B. mit unserem Beagle Apport probiert, sie macht es nicht, wurde dafür aber auch nicht gezüchtet, obwohl es durchaus Beagle gibt, die apportieren - natürlich könnten wir mit Zwang etwas erreichen, geben uns aber damit zufrieden, was sie anbietet. Uns waren die Charaktereigenschaften wichtiger als die spezifische Jagdmöglichkeit. Wenn der Beagle oder die BSG nicht so gut geworden wären, hätten wir auch damit leben können, aber vielleicht sind wir in erster Linie Hundeführer und erst dann Jäger und nicht umgekehrt.

Schwyzer Laufhunde an der erlegten Sau. Italien. Foto: Sergio Leonardi.

- Sergio Leonardi: Bei der Anschaffung eines Hundes ist es wie bei der Paarbeziehung, "man verliebt sich auf den ersten Blick". Der Einsatz des Hundes ist eingebunden in das Zuchtwesen, die Jagdkultur, das Jagdgebiet des Jägers/Hundeführers, und wie man weiss, ist in der Liebe alles erlaubt, sofern beide einverstanden sind, aber deshalb sollte man die Anlagen des Hundes natürlich nicht "verdrehen". Nehmen wir zum Beispiel den Segugio Italiano: in manchen Ländern ist das Laut geben auf der Nachtfährte Disqualifizierungsgrund, während man dies in Italien, der Heimat der Rasse, verlangt..!

- Sabine Hoffmann: Bringt einem ein Hund freiwillig eine Leistungsbereitschaft auch für andere Einsatzmöglichkeiten entgegen, kann man diese durchaus entsprechend nutzen. Müsste man mit enormem Aufwand einen Feldspezialisten entgegen seiner Veranlagung zu einem von ihm nicht zu leistenden Jagdeinsatz bringen, wäre dies ein Verbrechen an der Rasse. Bietet es der Hund jedoch an, was nicht selten ist, kann man als Jäger dies durchaus annehmen. Wenn man sich jedoch eine Rasse anschafft, die sich aufgrund ihrer Zucht nicht für eine fremde Verwendung eignet, geht man ein Risiko ein, dessen man sich bewusst sein muss und dann entsprechend die Konsequenzen ziehen muss.

Gordon Setter in Deutschland. Foto: Anita Bräu.

Weiter zu Frage 3: Sollte die Zucht einer Rasse im Ausland Freiheiten geniessen, die einbeziehen, dass man die Rasse auch genetisch für eine engere oder umfassendere Funktion umgestaltet, evtl. auch äusserliche Veränderungen vornimmt?

 

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