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Erfahrungen mit dem


Epagneul Breton

 

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Erfahrungen mit dem Epagneul Breton
Von Ivan Carighini

Alles nahm vor gut 12 Jahren seinen Anfang, als mein Vater nach dem Tod seines über alles geliebten English Setter Black beschloss, einen neuen Welpen zu kaufen und für die Jagd vorzubereiten.
Da mein Vater kein Mann vieler Worte ist, weiss ich nicht wieso er statt mit einem Setter im Arm nachhause zu kommen, ein seltsames Bündel mit weiss-orangenem Fell mitbrachte und höchst zufrieden ausrief:"Darf ich euch Rodolfo vorstellen?!" Das Bündel war ein Breton Welpe.
Ich muss gestehen, dass ich recht skeptisch war, vielleicht auch wegen des...nun ja...eigenartigen Namens, aber vor allem, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, dass dieses kleine Ding mit seiner Zuneigung und seinen jagdlichen Fähigkeiten die vielen tüchtigen Setter würde ersetzen können, die ihm voraus gegangen und seit zwei Generationen in unsrem Haus unfehlbar zu Gast gewesen waren.
Rudy, wie ich ihn nannte, präsentierte sich von Anfang an als echter Rabauke, der nie still stand, alles zerstörte, was er in seinem Aktionsradius fand und nicht die geringste Neigung demonstrierte, auf Befehle zu gehorchen und Verbote zu akzeptieren... ein wirklich schlimmer Kerl!
Allerdings war bei den ersten, frühzeitigen Ausflügen in die freie Natur auch schon unschwer zu erkennen, dass dieser Hund mit einer enormen Passion für Wild und Jagd gesegnet war. Sein überschäumendes Temperament brachte ihn schon als Welpen mit den verschiedensten Wildarten in Berührung, etwa Wachteln und Fasanen, die er stets in die Flucht schlug, aber auch mit Rehen und Wildschweinen, die er mit wilder Entschlossenheit verfolgte, taub für jeglichen Ruf oder Pfiff!
Während des ganzen Sommers versuchte ich, unserem jungen Zögling wenigstens ein Minimum an Grundkommandos wie Hier, Sitz und Apport beizubringen, aber, teils wegen meiner eignenen Unerfahrenheit, teils wegen Rudys rebellischen und widerborstigen Charakters muss ich gestehen, dass die ganze Angelegenheit ein Fehlschlag war; es gelang mir gerade mal mit Mühe ihm klar zu machen, dass er auf Ruf zu mir kommen müsste...ein wahres Disaster.
So standen die Dinge, als nach vielen Ärgernissen und Hoffnungen um unseren neuen Hund der lang ersehnte Tag anbrach: der Beginn der Jagdsaison. Tatsächlich handelte es sich um die sogenannte vorzeitige Jagderöffnung am 1. September, und mein Vater und ich wählten für Rudys ersten Ausflug in die Welt der Jagd eine riesige Heuwiese, die wir aus der Zeit der Ausbildung mit Wachteln wohl besetzt wussten.
An jenem Tag waren ausser den Wachteln, die überall sangen, natürlich auch reichlich Jäger vorhanden, allesamt mit ihren geliebten Settern. Die Freunde meines Vaters warfen deshalb ziemlich verblüffte Blicke auf unseren jungen Breton und rissen mehr als genug Witze über ihn, doch mein Vater sagte im typischen Dialekt unserer Gegend nur ganz gelassen, dass man die Rechnung erst am Ende aufstellt.
Um Punkt sieben wurden die Hunde geschnallt, und die Engländer fegten sofort pfeilschnell in alle Himmelsrichtungen. Rudy, neugierig was seine Artgenossen da wohl trieben, fiel in Galopp und mit schwungvollen, rasanten Bewegungen schraubte er sich systematisch durch die Wiese auf der Suche nach Witterung. Ich beobachtete dieses Hündchen, das mit seinem stolzen Galopp, Nase in die Luft gereckt und die kurze Rute in ständiger Bewegung den Engländern Konkurrenz machte.
Das Gras war pitschnass von Tau, der sich nachts reichlich gebildet hatte, und nach einer guten halben Stunde war es noch immer keinem Hund gelungen, eine Wachtel vorzustehen. Irgendwann, ich folgte Rudy gerade mit den Blicken, während er den Rand eines Grabens absuchte, blieb er urplötzlich stehen, den Kopf nach hinten gewendet. Ein paar Sekunden vergingen und... ein Gewehrschuss zerbrach die Stille. Mein Vater rief: "Briiiing!" Und wirklich, Rudy hatte seine erste Wachtel gefunden, vorgestanden und dann sogar vorbildlich zu meinem Vater gebracht!
Und so zog unser junger Breton an diesem, seinem ersten Jagdtag, zur Verwunderung aller bei Suche und Apport schliesslich sogar mit Hunden gleich, die bereits erfahren und richtig ausgebildet waren...
Rudy ist inzwischen 12 Jahre alt, und seine Jagdkarriere hatte und hat noch heute ein sehr hohes Niveau, obwohl Rudy seinen mürrischen Charakter nie ablegte und beschloss, ausschliesslich mit und für meinen Vater zu jagen.
Tja, so habe ich mein Herz für den Breton entdeckt und bin sicher, die Rasse nie wieder gegen eine andere zu tauschen. Im Moment lebe ich mit vieren von ihnen, aber zwei weitere (Sprösslinge von Rudy) werden demnächst die Familie erweitern.
Nachdem ich nun so viele Jahre mit diesen grandiosen Hunden verbracht habe, kann ich nur bestätigen, dass der Epagneul Breton viel mehr ist als bloss ein Helfer mit hervorragenden Jagdanlagen und einer unglaublichen Anpassungsfähigkeit für jede Jagdart, denn er ist auch ein echter, loyaler und aufrichtiger Freund, aufs engste mit seinem Herrn verbunden und fähig, unendlich viel Zärtlichkeit und Zuneigung auszudrücken. Schauen Sie einem Breton in die Augen, und Sie sehen Energie im Urzustand. Dieser Hund ist intelligent, aufmerksam, mit überschäumendem Temperament versehen, jede seiner Handlungen und Bewegungen setzt Vitalität und Energie frei, und es scheint, als wollte er der Welt seine Lebensfreude zurufen. Er ist leicht ausbildbar (Rudy ist diesbezüglich ein Ausnahmefall), sanft, sensibel und bleibt draussen immer in Verbindung mit seinem Führer.
Ich bin wirklich restlos zufrieden mit diesem grossartigen kleinen Hund. Er ist einzigartig, und nur wenn man wirklich mit ihm zusammenlebt, kann man die vielen, unerwarteten Qualitäten dieser Rasse voll und ganz geniessen. Für viele jagende Hundefreunde ist der Arbeitsstil des English Setter beeindruckender, aber das ist Geschmackssache, und ich für mein Teil finde den Stil des Breton faszinierend - und wie!
Es lebe der bretonische Kobold! Und wer Vertrauen in ihn hat, der wird, da bin ich sicher, als Gegengeschenk enorme Befriedigung mit diesem Hund erleben!

Alle Fotos von Rudy: Ivan Carighini

 

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