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Wie kommt ein sardischer Segugio
in ein sauerländisches Dorf?



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Wie kommt ein sardischer Segugio in ein sauerländisches Dorf?
Von Engelbert Braun

In meinem früheren Leben (vor dem Hund) habe ich jeden aufkommenden Gedanken an einen Hund damit verworfen, dass ich ihm nicht die ihm zustehende Beschäftigung bieten kann. Ich bin auch heute noch der Meinung, dass man nur dann einen Vierläufer anschaffen sollte, wenn man bereit und in der Lage ist, ihn seinen Anlagen entsprechend zu beschäftigen und zu fördern.
Mein Elternhaus, im Sauerland, ist an einen Hang gebaut und grenzt direkt an den Wald. So war ich schon als Schuljunge meist im Wald unterwegs, denn da war immer etwas Spannendes zu entdecken. Auch mein Vater führte mich und meine Geschwister von klein auf an die umgebende Natur heran. Wir lernten von ihm die Bäume, Pilze und die Tierwelt kennen. In unserem Bekanntenkreis waren immer einige Jäger, aber leider war der Kontakt nicht so eng, dass ich frühzeitig an die Jagd geraten wäre. Dieser Wunsch kam erst etwas später auf, musste aber aus familiären Gründen zurückgestellt werden. Mit dem Jagen hatte ich in dieser ganzen Zeit immer nur über Umwege zu tun, außer wenn wir zur Herbstzeit bei der Schwester meiner Frau und meinem Schwager auf Sardinien waren. Dort konnte ich als Gast, nicht als Schütze, direkt an den Jagden in der sardischen Macchia teilnehmen - ein tolles Erlebnis!
Das ging so, bis ich im Jahr 2007/08 mit meinem jüngsten Sohn Thomas zusammen endlich den Jagdschein erwarb. Im vorhergehenden Kurs waren wir beide jagdkundlich und naturkundlich auf einem guten Wissensstand. Einzig im Kapitel Hunde und alles was damit zusammenhängt waren wir etwas schwach. Wir standen auch anderer Leute Hunde eher skeptisch gegenüber. Das lag aber sicher auch an den Hundebesitzern (von Hundeführern möchte ich hier nicht sprechen).
Dann, ab Mai 2008 hatten wir die Möglichkeit, in einem schönen 550 ha großen Revier auf Raubwild und Sauen zu jagen. Durch Kontakte zu anderen Jägern mit Hund kam dieser lange zurückgedrängte Wunsch nach einem eigenen Vierläufer so langsam wieder hoch. Außerdem war unser Kätzchen seit einiger Zeit tot und so fiel dieses k.o.-Kriterium auch weg.
Ich suchte intensiv das www nach Jagdhunderassen ab und las mich durch die Rassebeschreibungen. Meine Vorstellungen von einem Hund gingen in die Richtung: jagdlich möglichst universell verwendbar, zum Spaziergang zu gebrauchen, im Haus eine ruhige Seele und bloß kein Dauerkläffer.

Oben: kurzhaarige Segugio Italiano Meuten. (Foto: Sabine Middelhaufe)
Titelfoto: Welpe Nuccia.
(Foto: Engelbert Braun)

Die Typen der Jagdhunde hatten wir ja schon im Jägerkurs kennengelernt, aber welche Rasse würde zu mir und dem Revier passen?
Als erstes wurden schon mal die Rassen aussortiert, die mir bei einigen Jägern als Dauerkläffer aufgefallen waren. (Da war mir allerdings noch nicht wirklich bewusst, daß die Kläfferei bei manchen Hunden durch Fehler des Halters erzeugt wurden.)
Als nächstes fielen die Rassen aus dem Raster, die als Modehunde gelten.
Danach wurden diejenigen ausgeschlossen, an die ich mich als absoluter Neuling gar nicht herantraute, und was man vielleicht als Hochnäsigkeit angesehen hätte, die Schweißhunde.
Von den Beschreibungen her und wahrscheinlich auch durch ein wenig Lokalpatriotismus, fiel meine engere Wahl auf die Bracken (besonders die Olper bzw. Sauerländer Bracke hatte es mir angetan).
Im Februar 2009 ging's dann zur Jagd und Hund nach Dortmund; ich wollte mich vor allem bei den Bracken umschauen. Tatsächlich wurden wir dort von Frau Dreeskornfeld, der Geschäftsführerin des Deutschen Brackenclubs, auch sehr freundlich beraten. Als Endergebnis legten wir uns dann erst mal das Buch "Bracken im jagdliche Einsatz" von Michael Tandler zu.
Wieder zu Hause wurde die Internetseite des Brackenclubs besucht und dort auf der Titelseite das Brackengedicht gelesen. Die Zeile:"...dann klingt der Bracke hell Geläut, durch Täler weit und Höhen..." rief in mir schöne Erinnerungen an die Jagd mit meinem Schwager und seinen Freunden auf Sardinien wach. Ja, das war herrlich, wenn die Jagdhunde mit hellem Laut auf der Fährte der Schweine durch die Macchia hetzten...
Im Buch fand ich auch die verschiedenen Brackenursprünge beschrieben. Unter den Rassen des Westens wurde der Segugio Italiano, der italienischen Laufhund erwähnt.
Italienischer Laufhund? Das war doch wieder interessant! Also erneut das Internet bemüht - boah, waren das schöne Hunde! Die gibt es in kurz- und in rauhaarig und auch in verschiedenen Farben. Über die Suche nach dem Segugio Italiano landet man zwangsläufig bei sabinemiddelhaufeshundundnatur. Hier waren so viele Informationen zu finden, und das vor allem auch noch in deutscher Sprache. Keine andere deutschsprachige Internetseite war so ausführlich und von Hintergrundwissen geprägt und dabei noch kurzweilig zu lesen.

Sardische Landschaft. (Foto: Engelbert Braun)

Für 2009 hatten meine Frau Heidi und ich unseren Urlaub bei Schwägerin und Schwager in Castel sardo (Sardinien) auf das Frühjahr gelegt. So kamen wir am 27. April 2009 bei besch...eidenstem Wetter in Genua auf die Fähre und dann am nächsten Mittag bei herrlichem Wetter in Porto Torres an. Die Überfahrt selbst war ein eigenes Erlebnis. Der Wind blies rau von Westen und entsprechend hoch war der Seegang. Um die Fahrgäste zu schonen, entschied sich der Kapitän für den Umweg an der italienischen Festlandsküste entlang, im Windschatten von Korsika zu fahren. So hatte er nur in der Strasse von Bonifacio den Wind und die See von vorne und die Fähre wurde nicht seitlich durchgeschaukelt. Das hat auch so geklappt; ich wurde erst vor der Nordküste von Sardinien seekrank und die Fahrt hat 6 Stunden länger gedauert als geplant...
Wenn man Sardinien nur im Sommer oder Herbst gesehen hat, ist es überwältigend, wie anders die Insel im Frühjahr aussieht.

Wildwuchs an der sardischen Steilküste. (Foto: Engelbert Braun )

An einem der nächsten Tage fragte ich meinen Schwager, ob unter seinen Jagdfreunden auch Halter von Segugi seien, denn wir würden uns so einen Hund gerne mal in Natura ansehen. Die Antwort auf diese Frage kam am nächsten Tag in dieser Form: "Ihr könnt einen Welpen haben! Bis ihr nach Hause fahrt, ist der in der 6. Woche."
Da waren wir natürlich gehörig verunsichert, denn auf so was waren wir ja nun überhaupt nicht vorbereitet. Wir haben uns lange (fast vier Wochen) mit der Frage beschäftigt, ob wir ein Hündchen von knapp 6 Wochen schon aus seiner Familie nehmen dürften. Es ist unter optimalen Bedingungen selbstverständlich besser, bei einem verantwortungsvollen Züchter die Welpen erst ab der 8. oder 10. Woche zu übernehmen. In unserem Fall war es jedoch so, daß die Welpen, wie wir erfuhren, keine guten Bedingungen hatten. Sie waren schon von der Mutter abgesetzt worden und voller Zecken und Schrammen, und unter diesen Umständen schien uns das Mitnehmen das geringere Übel zu sein. Aber der Urlaub lief erst mal weiter, ohne dass noch über den Hund gesprochen wurde.
Mir ging die Sache trotzdem nicht mehr aus dem Kopf. Nachts wurde ich wach und grübelte, was ich machen sollte. So jung und schon von den Geschwistern und der Mama weg - kann das überhaupt gut gehen? Sehen wollte ich die Welpen sehr gerne, auch um mir ein besseres Bild von der ganzen Situation zu machen... Mit Heidi hatte ich schon darüber gesprochen, aber bei der Entscheidungsfindung war sie mir auch keine richtige Hilfe. Sie meinte nur, dass ich ihre Schwester, meine Schwägerin, noch mal darauf ansprechen sollte.
Nun ja, in der letzten Woche des Urlaubs, so um den 18. Mai, sprach ich meine Schwägerin dann wirklich doch noch auf das Hündchen an.

Nuccia wird vorgestellt. (Foto: Engelbert Braun )

Jetzt kam die Geschichte ins Rollen. Der Bekannte meines Schwagers traf mit einer Box ein, in der vier kleine Welpen saßen. Als erster sprang der einzige Rüde des Wurfes ganz schnell aus der Box und kuschelte sich an Heidi. Damit war klar, der sollte es sein. Aber - der konnte es nicht sein, er war nämlich schon dem Cousin versprochen... Auf meinem Arm lag ein kleines Wesen in hellbraun mit dunklem Rückenstreifen und vereinzelten dunklen Locken im Fell. Sie hatte sich mit ihrem Köpfchen unter meinem Oberarm eingekuschelt, und ich war hin und weg. Sie hatte in der Tat einige Schrammen und wir sammelten erst mal ihre Zecken ab. Doch schliesslich stand fest, wir nehmen die kleine Maus mit heim!

Nuccia auf Entdeckungsreise. (Foto: Engelbert Braun )

Was genau musste jetzt unternommen werden?
Wir erkundigten uns bei der Tierärztin im Ort.
Das Hündchen musste entwurmt und die Impfung durchgeführt werden. Dann setzte die Tierärztin handschriftlich eine Bestätigung auf, dass die Tollwutimpfung noch nicht durchgeführt werden konnte. Und - das Hündchen hatte noch gar keinen Namen. Der sollte aber schon mit in die Papiere. So wurde im Sprechzimmer nach einem italienischen Namen gesucht. Der Vorschlag der Tierärztin für "Nuccia" gefiel uns gut. Zwischendurch kam Carluccio, der Züchter unserer nun getauften Nuccia, und präsentierte uns noch stolz den Papa und einen Onkel der Kleinen. Der Papa ist rauhaarig und etwas dunkler als seine Tochter, der Onkel ist nero-focato (schwarz-loh-farben). Von der Mama erfuhren wir nur, dass sie kurzhaarig ist.
Dann auf zum Reisebüro und ein Ticket für die Fähre besorgen. Futter, Näpfe und eine Transportbox mussten ebenfalls noch beschafft werden. Da das kleine Mädchen natürlich nicht stubenrein war, waren meine Schlafphasen in diesen Tagen sehr knapp bemessen. Dazu bekam Nuccia auch noch Durchfall, der ihr arg zusetzte. Jedenfalls wurde uns die letzte Urlaubswoche doch arg kurz.

Hier liegt Nuccia auf der Decke am Strand und genießt die Sonne. (Foto: Engelbert Braun)

Am Morgen des 22. Mai (abends um 20 Uhr würde unsere Fähre abfahren) war Nuccia schon um 4 Uhr 30 auf den Beinchen. Sie hatte wieder Durchfall und war gar nicht gut dran. So wanderte ich mit der Kleinen auf dem Arm in den höher gelegenen Teil der Stadt und setzte mich mit ihr auf eine Bank in die ersten wärmenden Strahlen der Morgensonne. Nuccia schlief auf meinem Schoß und ich schaute den örtlichen Fischern beim Einholen der Netze zu. So gegen 8 Uhr 30 wurde sie dann wieder munterer und wir gingen zum Frühstück zurück nach Hause.
Abends um 20 Uhr saßen wir zu dritt auf der Fähre nach Genua und begannen die lange Heimreise in Nuccias künftiges Jagdrevier im Sauerland...

Damit das kleine Wesen nun auch artgerecht beschäftigt würde, versteckten wir ihr Futter am Ende der Schleppspur, die wir mit dem Futter über den Boden zogen. So hatten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Nuccia freute sich, daß sie was zu fressen fand und sie trainierte dabei ihr Gehirn auf die Weise, die ihr am meisten Spass macht - mit der Nase auf dem Boden schnüffelnd was das Zeug hält. Da war es von den normalen Futterschleppen zur echten Wildschleppe noch mal eine Steigerung ihrer Lust. Am Sonntag dem 24.05.2009 war unsere Kleine sechs Wochen alt, und am Mittwoch dem 27.05.2009 arbeitete sie ihre erste 10 m lange Wundfährte am ersten Rehbock, den Thomas geschossen hatte. Sie suchte hierbei schon mit Leidenschaft und faselte nicht. Das hat uns natürlich so richtig gut gefallen. Und Nuccia auch!
Seither arbeite ich daran, meinem sardischen Segugio ein guter und zuverlässiger Führer zu werden. Ich bin sehr zuversichtlich, daß wir im Herbst 2010 die Brauchbarkeit auf Schalenwild beweisen können.
Ganz herzlich möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal bei meiner Schwägerin Erika bedanken, die uns auf Sardinien in allen Belangen ganz lieb unterstützt hat.

Nuccia macht erste Bekanntschaft mit einer Rehdecke. (Foto: Engelbert Braun)

Text (c) 2009

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Nuccias Vorbereitung für die Brauchbarkeitsprüfung -
Der Weg zum brauchbaren Jagdhund

 

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