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Drever Håkan - Wie ein finnischer Drever
nach Deutschland kam (1)


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Drever Håkan - Wie ein finnischer Drever nach Deutschland kam (1)
Von Elke Lawrenz

Im Jahr 2011 reifte bei uns, also mir und HaJö Schmidt aus Bad Fallingbostel, der Entschluss, der nächste Hund wird ein Jagdhund! Die Kinder sind alle aus dem Haus und so ein Hund ohne Aufgaben langweilt sich bei uns nur. Ausserdem hatte sich unsere Interessenlage in Richtung Jagd verschoben.
Die erste Frage war nun: welche Anforderungen müsste der künftige Hund erfüllen?
Im Haus sollte er sich ruhig verhalten, denn er würde mich an meinen Arbeitsplatz (Schule) begleiten, klein genug sollte er sein, um auf dem Motorrad mitfahren zu können, dreifarbig, damit er nicht mit Wild verwechselt würde, er sollte das Stöbern lernen können und zur Nachsuche geeignet sein – und zu guter Letzt auch am Pferd mitlaufen.
So war die Rasse schnell gefunden: die Westfälische Dachsbracke; die Entscheidung, ob Rüde oder Hündin dauerte etwas länger.
Wir wollten uns etwa ein Jahr Zeit lassen, um den richtigen Welpen zu finden. Die Homepage des Deutsche Bracken Clubs wurde dabei zu einer wichtigen Informationsbasis. So nahmen wir Kontakt zu einigen Züchtern auf und sahen uns im Frühjahr und Sommer ein paar Hündinnen mit ihren Würfen an. Auf diesem Wege lernten wir Uli Wagener kennen und durften ganz spontan an einer Vorbereitung auf die Fährtenschuhprüfung teilnehmen. Das beeindruckte uns sehr und bestätigte uns auch in unserem Vorhaben, eine Bracke zu führen.

Elke und HaJö - bereit für eine Bracke im Leben.
Titelfoto: Welpe Hakan im Alter von 6 Wochen.

Im September besuchten wir das Brackenwochenende in Drolshagen. Besonders bewunderten wir dort die Ruhe unter den vielen Hunden und - den Begleitgesang der Jagdhornbläser. Ja, so ein kleiner bunter Hund wäre genau das richtige für uns! Wir traten in den Deutschen Bracken Club ein.
Im Verlauf unseres Entscheidungsprozesses begann mir die enge Zuchtbasis bei der Westfälischen Dachsbracke Sorgen zu machen. Dann spukte bei meinen Recherchen plötzlich das Wort Drever durch die Zeilen. Ich fand heraus, dass der Drever von der Westfälischen Dachsbracke abstammt, sich im Äußeren wenig von ihr unterscheidet, und dass im Verein Überlegungen zur Rückkreuzung reiften. So war mein Interesse schnell geweckt. Es entstand eine rege und sehr nette Email-Kommunikation in Englisch mit hauptsächlich zwei finnischen Drever Züchtern. Warum sollte es nicht vielleicht ein Drever werden?
Der letzte Finnland-Urlaub lag schon ein paar Jahre zurück. Schön war es gewesen. Das könnte man doch wiederholen und bei der Gelegenheit den Hund dort einsammeln...
Weitere wichtige Vorbereitungen mussten getroffen werden: Im September begann ich mit dem Vorbereitungskurs für den Jagdschein, den ich Anfang April 2012 bestand. Mittlerweile festigte sich auch der Entschluss, tatsächlich einen Drever aus Finnland zu holen. Die Urlaubsreise sollte auf dem Motorrad stattfinden wie all die letzten Jahre.

Hakan an seinem Geburtstag bei Züchter Ismo Putkonen in Finnland.

Wir suchten und fanden ein gebrauchtes Motorrad mit Beiwagen, dessen fahrtechnische Grundlagen noch einige Basteleien über sich ergehen lassen mussten. Im Beiwagen hätte "der Neue" genug Platz; auch später bei den Fahrten zur Arbeit und ins Revier.
Anfang Mai 2012 waren Züchter und Mutterhündin ausgesucht: Ismo Putkonen und seine Bööna.
Die Wahl war nicht einfach gewesen. Viele der finnischen Züchter halten nicht nur eine Rasse, und viele der Drever werden vorrangig auf Shows vorgeführt und gar nicht jagdlich eingesetzt. Der Vorteil ist, dass es dadurch relativ viele Drever gibt und auch großer Wert auf die Einhaltung der äußeren Zuchtkriterien gelegt wird. Wir wollten jedoch einen Züchter finden, der ausschließlich Drever hält, selber mit seinen Hunden jagt und den Welpen Familienanschluss ermöglicht.
Zwei der in Frage kommenden Hündinnen nahmen nicht auf, eine (die Favoritin) wurde wesentlich später läufig als erwartet, sodass wir den Welpen erst am Ende unserer Urlaubszeit hätten bekommen können. Damit hätten wir aber keine Zeit mehr für die Eingewöhnungsphase zuhause gehabt.
Böona wölfte am 16.05.2012 zwei Rüden und fünf Hündinnen. Die ersten Fotos kamen an. Håkan war der Erstgeborene, der größte und der dreifarbigste und damit unser Hund. Große Freude und Begeisterung und ungeduldiges Warten auf den Beginn der Ferien!

Startklar!

Gleich am ersten Ferientag, Samstagmorgen dem 21.07.2012 gegen 6.00 Uhr, brachen wir auf; Schlafsack, Zelt und eine Hundebox auf das Motorrad verteilt, über Schweden nach Rantasalmi in Finnland. Am frühen Montagnachmittag blieb 44 km vor unserem Ziel das Motorrad liegen. Eine Zündspule war durchgebrannt. Um 16.00 Uhr wollten wir bei Ismo Putkonen, dem Züchter unseres neuen Familienmitgliedes, sein.
Wir standen genau gegenüber einer Tankstelle mit einer großen Werkstatt. Es stellte sich jedoch heraus, dass man hier nur Finnisch sprach und die Werkstatt war ohnehin schon jahrelang außer Betrieb. In den Regalen lagen uralte Ersatzteile, hochinteressant, aber nichts Brauchbares für uns.
Kein Problem, wir hatten ja vorgesorgt: wir sind im AVD und werden daher auch im Ausland kostenlos abgeschleppt. So geschah es tatsächlich, allerdings erst Stunden später, und da war die angesteuerte Werkstatt natürlich schon geschlossen...

HaJö und Ismo in der Werkstatt.

Ismo Putkonen hatten wir informiert, dass wir unseren Termin nicht einhalten könnten. Er bot sofort an, uns abzuholen, wenn alle notwendigen Dinge geregelt seien, und so konnten wir abends endlich Håkan kennenlernen. Er, der größte aus dem Wurf, lag breit mit lässig überkreuzten Pfoten im Eingang der Welpenhütte und ließ sich durch die Ankunft der Fremden überhaupt nicht aus der Ruhe bringen.
Ismos jüngste Tochter hatte sich mit ihrer Freundin zusammen ein kleines Theaterstück ausgedacht – frei nach „Froschkönig“ und „Hänsel und Gretel“, das wurde uns erst einmal vorgeführt, Vater Ismo übersetzte uns alles ins Englische. Sehr lustig!
Wir hatten zur großen Freude unserer Gastgeber eine Flasche Heidegeist aus Deutschland eingeschmuggelt. Beim gemeinsamen Abendessen wurden dann die Pläne für die nächsten Tage gemacht. Wir wollten bis Donnerstag oder Freitag hier in der Nähe bleiben, um den Welpen langsam an uns und das Motorradfahren zu gewöhnen. Ismo hatte uns "ganz in der Nähe" (sprich 30 km von seinem Haus entfernt) eine Hütte am See besorgt. Dorthin brachte er uns mit Håkan, nachdem er uns noch mit den nötigsten Frühstückszutaten und einem Riesentopf voll Hundefutter ausgerüstet hatte.

Der erste gemeinsame Abend mit unserem neuen Welpen.

Der Kleine wirkte keineswegs beunruhigt. Allerdings war ihm die mitgebrachte Hundebox schon zu klein, er konnte darin liegen, sich aber nicht bequem umdrehen. So schlief er mit uns im Schlafsack eingekuschelt und zu unserer Überraschung die ganze Nacht durch.
Am nächsten Morgen holte uns Ismo ab, um uns zur Werkstatt zu begleiten und dort als Dolmetscher alles in die richtigen Bahnen zu lenken. So konnte eine gebrauchte Zündspule aufgetrieben werden, die wir selbst einbauten. Abends durfte Haken das erste Mal mit im Beiwagen fahren. Er zeigte sich wenig beeindruckt und ließ seine Ohren im Fahrtwind flattern.

Der neue Co-Pilot ist an Bord.

Ismo kümmerte sich in den nächsten Tagen auch weiterhin rührend um uns. Er zeigte uns zusammen mit einem Deutsch sprechenden Freund die Gegend. Wir lernten auch ein deutsches Ehepaar kennen, das vor 14 Jahren im Rentenalter nach Finnland ausgewandert war. Im finnischen Forstmuseum in Lusto erfuhren wir viel über die Geschichte Finnlands vom Sumpfland zur holzverarbeitenden Industrienation. Håkan verbrachte diese Zeiten bei seinen 5 Schwestern.
Schnell war es schon Donnerstag, der Tag, an dem wir unsere Rückreise starteten. Die Formalitäten wurden erledigt. Für den Export nach Deutschland ist ein EU-Hundepass notwendig, der Hund muss gechipt und drei Wochen vor Ausreise gegen Tollwut geimpft sein. Ismo hatte alles für uns erledigt. Dazu bekamen wir noch eine 1-Liter-Flasche finnischen Wodka geschenkt, eine zweibändige Biographie von Mannerheim (Hajö hatte irgendwann über sein Interesse an diesem Mann gesprochen) in Finnisch (!!) und jeder von uns eine Kappe, die uns als Mitglieder des Vereins zur Unterstützung des Marderhundes kenntlich macht. Marderhunde sind neben Hasen und Füchsen nämlich eine bevorzugte Beute von Ismo und seinen Drevern.

Nun beginnt die abenteuerliche Heimreise.

Dann wurde alles einschließlich des kleinen Hundes auf Motorrad und Beiwagen verteilt, ein paar letzte Fotos gemacht und fast noch ein paar Tränen vergossen: Ismos Töchter wollten Håkan gar nicht gerne hergeben...
Wir reisten langsam zurück. Zunächst in zwei Tagen nach Westen, um über die Åland-Inseln nach Schweden zu gelangen. Während der Fahrt schlief Håkan zu meinen Füßen im Beiwagen. Spätestens alle zwei Stunden machten wir allerdings Pause, so dass er ein bisschen laufen und Wasser saufen konnte. Jeden Abend wurde ein geeigneter Platz gesucht und im Zelt übernachtet. Das Zelt wurde sofort zu seinem anerkannten Zuhause. Sobald alles aufgebaut, Isomatten und Schlafsäcke verteilt waren, warf Håkan sich zum Schlafen mitten dort hinein. Wenn er nicht schlief, half er immer zuverlässig beim Hin- und Hertragen unserer Ausrüstung. Besonders gerne kümmerte er sich um Schuhe und Socken.

Alle zwei Stunden gab es eine ausgiebige Pause.

Weltreisen sind ja so was von anstrengend...!

Ausgeruht und bereit zu neuen Großtaten.

In gemütlichen Etappen zogen wir weiter durch Schweden und Dänemark, wo wir uns noch ein paar Tage bei einem Freund in Marielyst auf Falster einquartierten. Håkan lernte dort Sandstrand und Meer kennen; unheimlich, diese schaumigen Dinger, die einem plötzlich ganz überraschend über die Pfoten laufen! Aber Algen und Muscheln riechen wirklich höchst interessant. Und graben kann man hier nach Herzenslust, toll.

Oops, Welpen jagende Wellen!

Buddeln hingegen macht Spaß!

Und wo ist die Fähre?

Frauchen mit dem neuen Bootsjungen.

Am Samstag, dem 04.08., kamen wir zufrieden und nun zu dritt, wieder zu Hause in Bad Fallingbostel an. Wunderbar! Noch 4 Wochen Ferien lagen vor uns, in denen wir uns und Håkan in Ruhe an das gemeinsame Leben und die damit verbundenen Aufgaben gewöhnen konnten...

Text (c) 2013
Alle Fotos (c) Elke Lawrenz
Dieser Beitrag erschien unter dem Titel "Kolkon Hakan, wie ein Finne nach Deutschland kam" auch in der Brackenzeitung 4/2012. Schauen Sie doch mal rein!



> Teil 2: Håkans erstes Jahr

 

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