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Fuchsjagd mit Brackenmix Wilma




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Fuchsjagd mit Brackenmix Wilma
Von Andreas Straub

Alles begann wie einer der vielen Reviergänge mit meiner Jagdkameradin Wilma.
Da sich zur Zeit viel zu viele Füchse in unserem Revier herumtrieben beschloss ich, einen "bewaffneten Spaziergang“ zu machen. Nach fünf Minuten Autofahrt waren wir auch schon auf der Albhochfläche angekommen und starteten die Kontrollrunde an einem Waldweg. Wenige Momente später führte uns der Pfad an den Waldrand und dann aufs offene Feld, von wo man einen schier endlosen Blick über die Weiten der Schwäbische Alb hat. Und da, urplötzlich, erschien mir im Augenwinkel ein dunkler Fleck, der auftauchte und genau so schnell wieder verschwand, und auch ein Blick durch das Fernglas konnte keine Klarheit über das Wahrgenommene schaffen. Da aber der Wind aus Richtung der Bewegung kam war es leicht, mich unter Ausnutzung der natürlichen Deckung an den Rand des Weizenfeldes zu pirschen, auf dessen gegenüberliegender Seite das dunkle Etwas jetzt sein musste.

Meine Wilma hatte aufgrund ihres Blickwinkels die Bewegung zwar nicht wahrgenommen, doch als sie sah, wie Herrchen auf einmal eine gebückte Haltung einnahm und wie Quasimodo über die Wiese wackelte, war für sie klar, dass da was Besonderes sein musste, vermutlich sogar Beute für sie und mich. Die Umhängeleine hing schlapp und ohne Zug zwischen mir und Wilma, die nun wie ein Schatten an meinem linken Bein hing.
Als ich mich langsam aus meiner gebückten Haltung erhob, konnte ich durchs Fernglas einen einjährigen Fuchs auf der anderen Seite des Weizenfeldes ausmachen. Schnell wurde die Umhängeleine abgestreift und Wilma ins Platz geschickt, damit ich ungesehen bis zum Rand des Feldes pirschen konnte. Dort angekommen legte ich mich bäuchlings auf den Boden, nahm die Bockbüchsflinte in Anschlag und visierte Reineke auf ca. 170 m direkt aufs Blatt (Herz). Sekundenbruchteile später peitschte der Schuss über die Wiesen und ich wusste, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Denn während der Schussabgabe sah ich durchs Zielfernrohr wie der Fuchs einen Satz nach vorne machte, doch war zu diesem Zeitpunkt die Kugel schon aus dem Lauf.

Ich liess die Waffe am Boden liegen, Aufrichten und Fernglas ans Auge nehmen waren eins, und sah gerade noch den krankgeschossenen Fuchs mit nachgezogenem Hinterlauf im Weizenfeld verschwinden. Die Waffe aufnehmend und voller Selbstvorwürfe über den missglückten Schuss ging ich zur am Platz verharrenden Wilma zurück und warf mir die Umhängeleine um.
Am vermuteten Anschuss konnte ich keinen Schweiß (Blut) finden wodurch meine Verzweiflung einen Höhepunkt erreichte.
Ich weiß, dass Wilma ein guter Schweißhund ist, aber sie hat mir bisher bei jeder jagdlichen Übung, wenn es darum ging eine toten Fuchs zu apportieren, die Treue versagt (na ja, ich kann sie da verstehen, ich würde so ein stinkendes Tier auch nicht in den Mund nehmen).
Da ich den Fuchs nicht im Weizen sehen konnte, entschloss ich mich, meine Wilma mit dem Befehl „Such verwund“ ins freie Feld zu entlassen. Da ich weder einen Schweißriemen noch die passende Halsung dabei hatte geschah das Ganze als eine Art „freiverloren Schweißsuche“.
Die Wilma stob, vom Instinkt getrieben, wie ein Blitz ins Feld und suchte völlig selbstverständlich quer nach irgendetwas Brauchbarem für die Nase. Als sie über die Verwundfährte des Fuchses kam, erstarrte sie in ihrer Suche und warf noch einen fragenden Blick zu mir, den sie sich aber selbst beantwortete, und ohne ein weiteres Kommando abzuwarten rannte sie mit tiefer Nase durch den Weizen genau auf eine große Schlehenhecke zu.
Dort also hatte sich der Fuchs verkrochen!
Wilma verschwand für ein paar Minuten in dem Heckenstreifen, bis plötzlich ein Quieken und Bellen zu hören war. "Wildschweine!", schoss es mir durch den Kopf, "mein Wilmchen hat 'ne Rotte Schweine flott gemacht." Also nahm ich die Beine in die Hand und rannte wie ein Irrer durchs Weizenfeld an den Rand der Schlehenhecke, nur um nichts, aber auch gar nichts mehr zu hören.
Vor meinem geistigen Auge sah ich meine treue Hündin schon als blutiges Etwas zerfetzt von den Sauen im Heckenrain liegen...
Nach etwa fünfzehn Metern entlang der Hecke traute ich mich ein zaghaftes „Wilma?“ auszurufen. Keine Antwort.
Vier, fünf Meter später die gleiche Frage: „Wilma?“ Aber wieder keine Resonanz.
Zwei Schritte weiter hörte ich dann aber doch etwas, das sich anhörte, als würde ein Gegenstand in regelmäßigen Abständen auf den Boden geklopft.
Dann endlich die Erlösung: meine Wilma stand in der Hecke, den toten Fuchs im Genick gepackt und schleuderte ihn was das Zeug hielt. Auf meinen Ruf „Wilma komm!“ stürmte sie freudig und erschöpft (natürlich ohne Fuchs) aus der Hecke und setzte sich mit einem breiten Grinsen vor mich ins Gras.
Ich war stolz wie Oskar und freute mich über meine Heldin.

Wie oft hab ich sie bei der Jagdhundausbildung schon verflucht, wenn sie nach erfolgreicher Ausarbeitung der Fuchsschleppe den Fuchs selbst einfach liegen ließ, ohne ihn zu apportieren.
All diesen Frust und Ärger hat sie an diesem Tag zerstreut. In der Praxis ist sie genau der Hund den ich brauche. Sie hat meinen Fehler ausgebügelt und hat (so grausig es sich anhört) dem Fuchs weiteres Leiden erspart. Ich habe ein Tier krank geschossen, sie hat es gefunden und in diesem Falle sogar gleich erlöst. Das Ganze hat sie so selbstverständlich getan, als sei es das Natürlichste auf der Welt, und obwohl sie aus der Nase blutete und auch am Kinn etwas abbekommen hatte, war in ihrem Gesicht nur Zufriedenheit zu erkennen.
Tja, ich glaube, unser kleiner „Mischling ohne Jagdtrieb“ aus dem Tierschutz ist genau da angekommen wo er hingehört.

Übrigens, so als Nachtrag: nachdem das Wilmchen aus der Hecke gestiegen war fiel mir schnell der penetrante Fuchsgestank auf, den sie an sich hatte. Also ab nach Hause, Reinigungsprozedur mit dem Gartenschlauch, Wilma abgetrocknet, aber, na ja, sie stank immer noch wie ein Fuchs...
Ich ins Haus, mein gutes Duschgel geschnappt und den Hund so richtig eingeschäumt. Abspülen und dann wird alles gut, dachte ich. Aber was soll ich sagen? Das Resultat war bloss ein Hund mit Fuchsgestank und einer leichten Note Sportduschgel.
Ich nahm Wilma schliesslich trotzdem mit in die Wohnung, in der Hoffnung, der Rest der Familie würde nichts merken. Leider fragte mich meine Frau keine zwei Minuten später schon, ob ich einen toten Fuchs im Wohnzimmer versteckt hätte.
Also Hund wieder in den Garten und grübeln. Nach mehreren Telefonanten mit Jagdhundebesitzern kam dann der einzige sinnvolle klingende und auch durchführbare Tipp von der Frau meines Jagdherrn: Tomatensaft solle angeblich Wunder gegen Stinktiersekret wirken, wieso nicht auch gegen Fuchsgeruch?!
Gut, der Supermarkt war noch geöffnet und zehn Minuten drauf stand ich mit zwei Litern Tomatensaft "bewaffnet" neben meiner vorahnungsvoll drein schauenden Wilma (Baden findet sie nämlich total doof). Als ich ihr dann den Saft über Kopf und Rücken schüttete, zog sie die Rute zwar quasi bis zum Kinn ein, aber leckte gleichzeitig auch die rote Brühe ab. Und siehe da, einen Waschgang später hatte ich einen Hund, der wieder nach Hund roch und nicht mehr nach Fuchs!

Fotos 1, 2 Andreas Straub; 3-5 Sabine Middelhaufe
(c) Text 2010

 

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