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Schwarzwildjagd in Südniedersachsen




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Schwarzwildjagd in Südniedersachsen
Von Jens Hepper

Schwarzwild, Wildschweine, Sauen - der deutsche Jäger hat viele Bezeichnungen in der Fachsprache. Die Streckenergebnisse steigen stetig, die Schäden an Feldfrüchten leider ebenso. Aus diesem Grund hat sich in den letzten Jahren eine gewisse „eigene“ Jagdkultur auf das Wildschwein entwickelt.
Grundsätzlich ist das deutsche Jagdsystem als Reviersystem angelegt. Einzelne Personen oder eine kleine Gruppe treten als Pächter von Jagden auf. Die zu bejagenden Flächen umfassen hier vor Ort zumeist 300 bis 1.000 ha, für gewöhnlich eine Mischung aus Feld- und Waldjagd. Der Pächter muss zumeist für einen Teil der entstehenden Schäden durch Schalenwild aufkommen. In vielen Revieren liegt diese Grenze bei 2.000 €, in einigen ist dies unbegrenzt. Jagt der Pächter und seine Mitjäger gut, dann geht dies glimpflich ab. Ist er zu selten draussen oder wird die Jagd ineffektiv betrieben dann können dies leicht mehr als 10.000 € werden.

Frischlinge und Überläufer, sofern diese nicht führend sind, werden ganzjährig bejagt.
Von Februar bis August überwiegt hier die Ansitzjagd, während der Vegetationszeit im Feld. Die Sauen dürfen hierbei, ohne künstliche Lichtquellen oder elektronische Zielhilfen, bei Mond oder wenn Schnee liegt und die Lichtverhältnisse dies ermöglichen, auch nachts bejagt werden - eine Ausnahme im deutschen Jagdrecht, welches ansonsten die Nachtjagd verbietet.
Ab Mitte Juni bis Ende Januar haben die ausgewachsenen Wildschweine beiderlei Geschlechts ebenfalls Jagdzeit. Bachen dürfen wiederum jedoch nur dann geschossen werden, wenn diese nicht führend sind. Das Ziel ist es hierbei am stärksten in der Jugendklasse, also Frischlinge und Überläufer, einzugreifen und als Hegeziel wirklich alte Keiler und Bachen zu haben, welche ebenfalls entnommen werden.
Im Schnitt braucht ein Jäger 30 Ansitzstunden, um ein Stück Schwarzwild vom Hochsitz aus zu erlegen. Hierbei erlegt er aus einer Rotte das schwächste Stück, oder, wenn er kommt, einen starken Keiler. Alte Bachen werden ungerne geschossen, da diese die Rotte zusammenhalten. Ohne die Führung einer Leitbache kann es leicht dazu kommen, dass Frischlinge und Überläufer an der Fortpflanzung teilnehmen.
Die Sitzhöhe variiert lokal, in unseren Revieren ist man meist jedoch bemüht in drei bis fünf Metern Höhe zu sitzen, damit die Sauen keinen Wind vom Jäger bekommen. Als weitere Jagdeinrichtung ist die Kirrung, eine Ablenkfütterung, mit Mais anzusehen. Hier wird jedoch nur ausserhalb der Vegetationszeit gejagt.
Im September beginnt die Zeit der ersten Gesellschaftsjagden. Hier werden mit kleinen Meuten, zumeist bestehend aus Terriern, deutschen Vorstehhunden und Bracken, die Maisschläge durchkämmt. Ziel ist es die Sauen zum Verlassen der Kulturen zu bringen. Entsprechend der Freigabe sollen dabei einzelne Stücken im Feld erlegt werden. So lernen die Rotten, dass es in der Agrarlandschaft gefährlicher ist als im Wald, in dem zu dieser Zeit absolute Jagdruhe herrschen sollte.
Die Schützen werden hierbei in einer Entfernung von 100 bis 200 m auf den Wechseln abgestellt. Zur Sicherheit tragen alle Teilnehmer orange Warnwesten oder -jacken.
Die Jäger in Südniedersachsen bevorzugen zumeist Repetierbüchsen in den gängigen hochwildtauglichen Kalibern über 6,5 mm. Flintenlaufgeschosse sind hier eher untypisch.

Auch Setter werden mal zum Stöbern eingesetzt.

Unter den Hunden finden sich vornehmlich Deutsche Jagdterrier, Parson Russel Terrier, Heideterrier (eine Kreuzung aus Deutschem Jagdterrier und Airedale Terrier für die Saujagd), sowie hin und wieder englische Patterdale Terrier.
Unter den Laufhunden ist vor allem die Schwarzwildbracke verbreitet.
Die deutschen Vorstehhunde wiederum werden seit über 100 Jahren als „Alleskönner“ gezüchtet, auch als Saufinder. Deutsch Drahthaar und Kleiner Münsterländer sind hierbei die häufigsten in unserer Region zu findenden Hunde, dies unterliegt jedoch immer einer örtlichen Varianz. In anderen Regionen ist der Langhaar, in anderen der Kurzhaar häufiger.
Hin und wieder kommt es vor, dass die Hunde ein krankes oder schwaches Stück fassen und halten. Dies wird dann von den Hundeführern mit der blanken Waffe abgefangen. Dafür haben sich schwere, breite Hirschfänger, sogenannte Saufänger oder althannoversch „Kuto“ genannt, bewährt. Die Saufeder wird zwar noch von manchem Hundeführer getragen und genutzt, dies ist jedoch eher selten.

Treiber.

Im Oktober beginnt die Zeit der großen Gesellschaftsjagden im Wald. Unter den Forstleuten werden hierbei, ergänzend zu den oben genannten Hunderassen, der Wachtelhund und die deutschen oder schweizerischen Bracken geführt und vom Stand geschnallt. Der Hundeführer geht bei diesen Hunden normalerweise nicht mit, sondern bleibt auf seinem Drückjagdbock.
Jeder Jäger erhält einen erhöhten Stand, welchen er während der Jagdausübung nicht verlässt. Früher wurden Anfang und Ende des Treibens durch Jagdhornsignale bekannt gegeben. Heute übernehmen dies Handy und feste vorher ausgegebene Zeitpläne.
Die größeren Privat- und Staatsjagden arbeiten an so einem Tag zumeist mit ein bis zwei Treiben, sowie bis zu 170 Jägern und 50 Hunden. Die kleineren Jagden schließen sich oftmals zusammen, um gemeinsam an einem Tag Strecke zu machen. In den Staatsjagden hat man dabei häufig je zwei oder drei Gästen, einen Hundeführer mit einem Stöberhund. In den Privatjagden sind die Stände den Gästen vorbehalten, während die Treiberwehren, mit 30 bis 60 Treibern und Hunden, durch den Bestand durchgehen und das Wild mit lautjagenden Hunden beunruhigen. Stumm hetzende Hunde würden das Wild in einer zu hohen Geschwindigkeit vor die Schützen bringen, so dass ein tierschutzgerechter Schuss nicht möglich wäre.

Die Hunde des Autors, Weimaraner und Hannoverscher Schweisshund, nach erfolgreicher Nachsuche.

Vielerorts wird Jägern vorgeschrieben vorher in einem Schießkino oder einem Schießstand mit einer sich bewegenden Keilerscheibe zu üben und dem Forstamt einen Nachweis über die Schießfertigkeit zu übersenden. So sollen schlechte Schüsse vermieden werden. Da jedoch bei allen Jagdarten auf das Schwarzwild immer wieder Fehlschüsse passieren und Sauen krank geschossen werden, gibt es in Deutschland (und anderen Ländern) die Institution der Schweißhundeführer.
Zu den Schweißhunden zählen der Hannoversche Schweißhund, der Bayerische Gebirgsschweißhund, sowie die Alpenländische Dachsbracke. Diese Spezialisten werden durch Vertreter anderer Rassen unterstützt, die ebenfalls die „richtigen“ Eigenschaften für diese Arbeit mitbringen.
Der Schweißhund wird über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren für seine Arbeit ausgebildet. Anschliessend ist er in der Lage selbst mehrere Tage alte Fährten zu verfolgen. Der Hund folgt der Fährte des kranken Wildes an einem etwa zehn Meter langen Riemen, welches früher aus Leder war und heute meist aus Biothane besteht. Lebt die Kreatur noch, so wird der Hund zur Hetze geschnallt. Er soll das Wild dabei nur verbellen und so binden, nicht jedoch fassen.
In den vergangenen Jahren hat der Einsatz von Wildkameras erheblich zugenommen, so dass diese zur Identifikation und zum Monitoring von Schwarzwildbeständen immer häufiger Verwendung finden.

Der Bergetrupp rückt an.

Text (c) 2013 Jens Hepper
Titelfoto: Sabine Middelhaufe, Foto 2-7 (c) Jens Hepper

 

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