Jagdhund ohne Jagdschein? •• Jagdhunderassen •• Laufhunde/Meutehunde/Bracken •• Jagd und Jäger •• Erziehung & Ausbildung
Die AutorInnen Fotogallerie Bücher & DVD Links Kontakt Copyright/Haftungsausschluss

Jagd & Jäger


Jagen mit dem Deutschen Wachtelhund


Menü Jagd & Jäger

> Wissenswertes
> Erfahrungen mit dem...
> Züchterinterviews
> Portraits


home

Jagen mit dem Deutschen Wachtelhund
Von Timm Brahms

Ich bin in einer Jägerfamilie groß geworden und hatte deshalb schon immer Kontakt zu ganz verschiedenen Jagdhunderassen. Dazu zählen Terrier, Deutsch Drahthaar, Deutsch Kurzhaar, Kleine Münsterländer und Dackel, da das Ostfriesland ja ein reines Niederwildgebiet ist, wo diese Hunde hervorragende Arbeit leisten können.
2004 erwarb ich selbst den Jagdschein und gehe seitdem auch viel zur Jagd; hauptsächlich in meiner friesischen Heimat, in Mecklenburg-Vorpommern und im Schwarzwald. Während der Drückjagdsaison komme ich aber fast in ganz Deutschland und an der nördlichen französischen Grenze zum Zuge. Meistens geschieht das anhand von Einladungen, aber häufig habe ich auch die Gelegenheit, selbst Gruppenjagden mit Jagdfreunden zu organisieren. Die Größenordnung liegt bei ca. 5 Wochenjagden mit bis zu 5 Personen und etwa 4 Wochenjagden mit bis zu 15 Schützen plus Anhang. Dazu kommen noch zahlreiche kleinere private Veranstaltungen...

Titelfoto: der Autor mit Simba v. Silbermond auch oben Züchter: Rainer Frank, Sinsheim/Düren (Baden-Württemberg).

Aufgrund der zahlreichen Kontakte zu Hochwildjagden führe ich seit 2007 einen Deutschen Wachtelhund, nämlich den braunschimmel Rüden Simba v. Silbermond. Ich habe die Rasse ganz bewusst gewählt, weil ich ja von zu Hause aus schon mit Hunden „ausgestattet“ bin, die zu allen Jagdarten auf Niederwild eingesetzt werden können und wollte deshalb einen ausgesprochenen Stöberhund, mit dem ich im Bedarfsfalle auch in der Heimat arbeiten kann. Im Ostfriesland nehme ich Simba auch zum Apportieren von Enten und Tauben; für die großen Hasenjagden lasse ich ihn allerdings lieber zu Hause und gebe den Niederwildhunden den Vortritt...
Der Deutsche Wachtelhund gilt als der vielseitigste aller Stöberhunde und meine Priorität lag und liegt tatsächlich auf dem eigentlichen Stöbern. Darin ist Simba am besten eingearbeitet und brauchbar - pro Jahr (Oktober bis Januar) gehen wir immerhin auf 20 bis 40 Stöberjagden.
Wie gesagt wird Simba fast im gesamten Bundesgebiet und dem nördlichsten Teil Frankreichs eingesetzt, wo das Terrain alles bietet, von ganz flach bis zu steileren Mittelgebirgen wie dem Harz, dem Schwarzwald und der Pfalz. Ebenso vielfältig ist die Bewaldung, die vom einfachen Fichtenbewirtschaftungswald ohne Dickung bis zur Schwarzdornhecke oder auch großen Schilfgebieten, wie an der Müritz in Vorpommern, reicht. In all diesen Vegetationstypen hat der Wachtelhund schon gute Dienste geleistet.
Das Jagdverhalten der Rasse lässt sich nicht ganz einfach typisieren, da es sehr davon abhängt, wie man den Hund einarbeitet. Simba beispielsweise ist ein reiner Stöberhund.
Wenn alles gut läuft, schnalle ich ihn von meinem Stand - er jagt also selbstständig - und er kommt alle 20 bis 40 Minuten bei mir vorbei, lässt sich aber immer wieder neu schicken. D.h. während ich als Schütze am Stand stehe, unterstütze ich ihn nur, wenn er Standlaut gibt. Seine Aufgabe ist zunächst einmal Wildfährten aufzunehmen und diese Laut gebend zu verfolgen. Dadurch wird das Wild schonend beunruhigt und in Bewegung gebracht.

Die folgenden Abb. sind Loggerbilder, die mithilfe eines GPS-Trackers am Hund, einer speziellen Software und Google-Earth
gemacht werden. Die gelbe Linie zeigt jeweils die Laufwege eines Deutschen Wachtelhundes bei der Arbeit.
Man beachte die enormen Strecken, die ein solcher Hund innerhalb weniger Stunden geht!

Trifft ein Wachtelhund auf ein krankes Stück Wild, so ist er schnell genug, um es zu halten und den angesprochenen Standlaut zu geben. Auf diese Art und Weise werden Reh-, Schwarz-, Dam-, Rot- und Muffelwild gejagt, also alle Schalenwildarten, die wir hier in Deutschland haben. Gämse und Steinwild würde der Wachtel ebenso bewegen, da unterscheidet zumindest mein Hund nicht. Er jagt im Grunde alles, was eine Fährte hinterlässt, also auch Hasen und Fuchs. Nach einer gewissen Zeit verlässt der Wachtelhund allerdings die Fährte und sucht sich eine neue, so dass alles in Bewegung kommt. Die Entscheidung, welches Wild letztendlich bejagt wird, übernimmt in jedem Falle der Schütze, indem er schiesst oder eben nicht.

An diesem Jagdtag mit ca. 50 Schützen und 30 Hunden lagen 78 Stück Schalenwild. Darunter Rotwild, Damwild,
Schwarzwild und Rehwild. Es gingen nur 4 Personen als Treiber durch. Die gesamte restliche Beunruhigung
erfolgte durch die gut eingearbeiteten Stöberhunde
.

Ein wichtiger Aspekt der Stöberarbeit ist, dass die Wachtelhunde auf Spurlaut gezüchtet sind. Aufgrund ihrer Größe und des Bellens beim Verfolgen einer Wildfährte, ist es in der Regel so, dass es nicht zum direkten Wildkontakt kommt. Ausnahmen sind da natürlich das Schwarzwild oder kranke Stücke. Kommt es hierbei zum Kontakt, ist ein Wachtelhund eigentlich immer in der Lage, ein Stück herunter zu ziehen, zu halten oder zu stellen. Wenn z.B. ein Reh oder Hirsch mit einem weichen Schuss noch lebt und der Hund auf dieses Stück trifft, entscheidet er, es entweder am Träger zu greifen und zu töten bzw. festzuhalten, bis ein Jäger ihm hilft, oder das Stück zu stellen, also um es herumzulaufen, dabei zu bellen (Standlaut) und somit das Verletzungsrisiko zu minimieren, wie es beispielsweise bei einem kranken Keiler passieren könnte. In diesem Fall würde der Hundeführer, der den Standlaut hört und am nächsten dran sitzt, das Stück mit dem Messer erlegen oder den Fangschuss anbringen, solange er keinen Hund gefährdet.
Bei solchen Aktionen ist es natürlich nicht untypisch, dass ein zweiter oder auch dritter Hund den Standlaut hört und den stellenden Hund unterstützt. Nach diesem Trubel sollten sich die Hunde aber wieder trennen und möglichst individuell weiter arbeiten. Das ist normalerweise auch der Fall und, zumindest bei uns, die gute fachliche Praxis.
Beim Schwarzwild wird die Rotte entweder vom Wachtelhund gesprengt oder es kommt zum Standlaut, bei dem dann ein Hundeführer den Hund unterstützt und die Rotte auf diese Art gesprengt wird. Natürlich gibt es einzelne Hunde, die gar nicht an Sauen gehen oder eben richtig heftig, so dass Verletzungen häufiger vorkommen. Die tatsächliche Wildschärfe hängt von den Erbanlagen des einzelnen Hundes, sowie von seinen gemachten Erfahrungen ab. Von der Zucht ausgeschlossen werden übervorsichtige oder zu übermütige Hunde nicht direkt, sofern sie die Brauchbarkeitsprüfungen bestanden haben. Die Züchter entscheiden dann aber, welche Hunde sie tatsächlich für die Reproduktion einsetzen und welchen Grad an Schärfe sie bevorzugen. Natürlich ist das immer eine subjektive Einschätzung des jeweiligen Züchters. Eine Entscheidungshilfe können hierbei die Leistungszeichen sein, wie "S" für den Schwarzwildschärfenachweis, die in den Ahnentafeln eingetragen werden, wenn man sie denn beantragt und Zeugen für das Geschehnis vorhanden sind.
Mein Wachtelhund jagt Sauen, aber geht nicht zu scharf heran. Meiner Meinung nach hat er genau die richtige Schärfe, bei der das Verletzungsrisiko minimal ist, während der Hund trotzdem wirkungsvoll arbeitet. Simba wurde auch schon mal geschlagen, aber das passiert selten, ungefähr einmal zwischen Oktober und Januar, also in der Stöbersaison.

Der Autor mit Simba nach der Stöberjagd in der Schorfheide, nordöstlich von Berlin.

Hier noch ein kleines Beispiel von meinem eigenen Hund und einer aufgebrochen 92 kg schweren Bache: im Alter von einem 3/4 Jahr hatte Simba diese Bache, die einen Laufschuss hatte, im Sumpf gestellt. Ich hörte den Standlaut und war nach ca.10 Minuten am Stück. In der Zwischenzeit waren noch zwei weitere Hunde dazugekommen und unterstützten meinen "fast Welpen", so dass ich am Ende einen Fangschuss anbringen konnte. Dieses Erlebnis war eine super Erfahrung für meinen jungen Hund und mich, aber die Überlegung, wie kompliziert eine Nachsuche auf dieses Stück geworden wäre, hätten die Hunde das Stück nicht gehalten, lässt den Vorteil der stellenden Hunde erahnen..!
Wachtelhunde gelten als Vielseitigkeitshunde. Dieses spiegelt sich auch in den Prüfungen wieder, denn neben Stöbern werden bei der vollen Brauchbarkeit auch die Fächer Schweiß, Wasser, Apport usw. geprüft. Ich habe mit meinem Simba nur die Stöberbrauchbarkeit angestrebt; das ist eine verkürzte Prüfung, die eben nur zur Stöberjagd berechtigt. Andere Wachtelhunde haben ihren Schwerpunkt vielleicht nicht im Stöbern, sondern im Apport oder in der Schweißarbeit und manche auch in der Niederwildjagd. Einige Ausnahmetalente können sogar alles und sind in der Lage, die Jagdarten zu unterscheiden, so dass der Hund bei der Hasenjagd nicht stöbern geht, aber das ist wirklich selten und nur bei sehr guten Mensch-Hund Gespannen möglich.
Wichtig ist zu wissen, dass der Wachtelhund ein Solojäger ist, der aber selbstständig jagt. Man kann dadurch in der Regel auf Durchgehschützen verzichten oder ihre Anzahl minimieren, was auch für Frage der Sicherheit während der Jagd nicht unerheblich ist.
Es gibt natürlich auch Grenzen für die talentierten Wachtelhunde. Man stelle sich einen wenige Hektar großen Brombeerverschlag vor, in dem eine Rotte Sauen steckt... Diese heraus zu bekommen ist für einen einzelnen Hund schwer. Solch eine Aufgabe müssten dann Durchgehschützen übernehmen bzw. unterstützen oder eben Meuteführer oder Ähnliches. Für Standard-Forstreviere dürfte der Wachtelhund aber ausreichen und aufgrund seiner Vielseitigkeit und Intelligenz anderen Rassen vorzuziehen sein.

Text (c) 2009
Alle Fotos: privat

 

home Seitenanfang Menü Fotoalbum