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Die Bracke und ihr Einfluß auf die Jagdkultur

 

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Die Bracke und ihr Einfluß auf die Jagdkultur
Von Johannes Plenk

Warum Jagende Hunde Sinnbild echter Weidgerechtigkeit sind

Wie wir Brackenjäger wissen ist der Name Jagd-Hund nach alter Denkart ausschließlich der Bracke vorbehalten, ja der Begriff Jagd bezog sich ursprünglich ausschließlich auf das Jagen mit dem spurlauten Hund! Der Hund der freien Folge „fängt“ ja nicht wie der Hetzhund (Windhund) mit Augen und Läufen das Wild, sondern mit Nase und Laut, dem Lautgeben auf warmer Spur und Fährte des meist für ihn und den Jäger zunächst unsichtbaren Wildes.
Die Bracken jagen relativ langsam, braucht doch das Lautgeben Kraft und die Geschwindigkeit wird mehr von der Feinheit der Nase, als der Schnelligkeit der Läufe begrenzt! Der Erfolg dieser Jagdart beruhte auf der Eigenschaft des Wildes, seine bekannte Heimat ungern zu verlassen, also vom Hund gewendet zu werden, und der überlegenen Ausdauer und dem unendlichen Spurwillen echter Bracken. So konnte vor der Zeit der Schußwaffen Haarwild zurück zum wartenden Jäger gejagt werden und in Netzen oder von Windhunden gefangen, Schalenwild zu Stande gejagt und mit dem kalten Eisen erlegt werden.
Aus der alten Zeit kommt auch der Begriff der Waidgerechtigkeit, der in seinem Innersten nicht vordringlich den Tierschutzgedanken beinhaltete, sondern auf dem fundamentalen Unterschied zwischen Jagd und Schlachtung beruht: Wild ist schwer zu erlegen, es entzieht sich mit allen Mitteln dem Jäger und hat eine gute Chance zu entkommen; es ist ein Wettstreit der Instinkte, der Sinne und der Lebenskraft von Jäger und Gejagtem.
Wir leben in einer technisierten Welt, haben viele Unanehmlichkeite durch Technik aus der Welt geschafft, aber auch versucht den Tod aus unserem Blickfeld zu verbannen. Gestorben wird nicht zu Hause, sondern auf der Intensivstation, auch die Geburt ist möglichst schmerzlos am Wunschtermin per Kaiserschnitt erfolgt, und das Fleisch auf unserem Tisch kommt aus einer technisierten Schlachtanstalt. Auch im Krieg trachtet man den Feind mit Fernlenkwaffen per Computerbildschirm zu morden und nicht im ehrlichen Zweikampf.

Vor der Jagd, der ursprünglichsten Art des Nahrungserwerbes, hat diese Entwicklung nicht halt gemacht. Der Vierradantrieb verkürzt den Fußmarsch, die Scharfschützentechnik mit Entfernungsmesser, Nachtsichtgerät, Wildkamera und 1000m-Optik ersetzt allzuoft das Weidwerken - also die Kunst, nahe ans Wild heranzukommen.
Gestorben wird zwar noch immer gleich, Tiere wie Menschen, aber bitte weit weg: aus den Augen aus dem Sinn. So erklärt sich, daß wir den Tod des Wildes in 300m Entfernug durch ein Hochrasanzgeschoß als human, den durch die kalte Waffe auf kürzeste Entfernung aber als grausam empfinden! Es ist wahrscheinlich eher unsere Wehleidigkeit, und nicht die des Wildes, die hier geschont wird.
Die Einführung des Schießeisens hat die Jagd leichter und gefahrloser, aber nicht unbedingt weidgerechter gemacht. Wer sich aber aus Angst ans Wild nicht heranwagt, um es zu erlegen, der sollte besser auf Papierscheiben schiessen. Der Tod ist auch durch einen Schuß nicht schneller und schmerzfreier - allerdings bis wir zum Anschuß gekommen sind, ist alles vorbei und uns bleibt der Anblick des Todeskampfes erspart..!
Natürlich zwingen uns Schäden am Forst oder in der Landwirtschaft, alle Mittel zu nutzen um Wildbestände unter Kontrolle zu bringen - waidgerechter als Kirrung und Nachtabschuß erscheint mir als Brackenjäger aber die Jagd mit unseren spurlauten und spurtreuen Bracken! Ich will der Ansitzjagd, die uns erlaubt, uns in die Vorgänge der Natur einzufühlen nicht absprechen echte Jagd zu sein, und bin selbst vor allem ein begeisterter Pirschjäger, wobei meine Hunde, mit ihren scharfen Sinnen, unverzichtbare Jagdhelfer vor und nach dem Schuß sind. Aber ich muß darauf bestehen, daß das Wesen der echten Jagd, und auch ihr größter Reiz, darin besteht, daß das edle, freie Wild, im Gegensatz zum Schlachtvieh, die Gelegenheit haben muß, zu entkommen.
Der Jagdeinsatz der Bracken im Alpenraum steht auf zwei Füssen: Der Brackierjagd und der Nachsuche. Die Brackierjagd bietet uns, in allen ihren Varianten, die Möglichkeit und die Freude weidgerechten, naturnahen Jagens. Bei der Brackade muß unsere Bracke im Rahmen der Suche die Nachtfährte des Hasen durch alle Widergänge und Absprunge bis zur Sasse oder zum Lager halten, um Hase oder Fuchs aufzujagen; wenn der gehobene Hase oder Fuchs den verfolgenden Hund abschüttelt und dieser die Jagd abbricht, oder wir nicht wissen wie der Hase läuft, und uns also nicht richtig anstellen, gewinnt das Wild: auch das ist Jagd - und steigert den Wert der Beute, wenn wir sie erlegen können!
Das Gesagte gilt für jede Form der Lauten Jagd, auch Bewegungsjagden auf Schalenwild. Eine Bracke muß hier ebenso weiträumig und selbstständig suchen und dabei kalte Fährten verfolgen, was eine feine Nase, aber auch Jagdverstand erfordert, das Wild in seinem Einstand finden, mittels Schneid und Schärfe aus der Dickung bringen, wenn es sich um wehrhaftes Wild handelt, und mit Spurwillen, Spurtreue und Passion lange genug jagen und in Bewegung halten, um es den Schützen vor die Büchse zu bringen.
Sind die Stände falsch gewählt oder die Rück- und Fernwechsel nicht abgestellt, oder mangelt es den Hunden an oben genannten Eigenschaften, gewinnt das Wild. Bei jeder Jagd lernen Wild und Jäger dazu, das gilt für uns und unsere Hunde, Jäger und Wild wachsen aneinander.
Ist so eine Jagd mit spurlauten Hunden gut geplant, wird der größte Teil des Abschusses an einem
Tag erfüllt - danach kehrt wieder Ruhe ein.
In unseren überlaufenen Wäldern sind alternativ unzählige Ansitze bei Tag und Nacht, immer öfter an einem erlaubten oder verbotenen Kirrhaufen, notwendig, und machen aus tagaktivem Hochwild nachtaktive Schattenwesen, die an Stämmen nagen, weil sie auf jeder Freifläche, zu allen Zeiten und ganzjährig unter Beschuß sind! Um so weiter wir schießen, desto größere Fluchtdistanzen zwingen wir dem Wild auf, und wo kann ein Tier heute noch 500m Abstand nach allen Seiten zum Menschen halten? Der „Jäger“ füttert dann „sein“ Wild wie Vieh herbei, und erntet es von der Kanzel zu den Äsungszeiten, die ihm die „Wildkamera“ verraten hat... Wir müssen aber als weidmännische Jäger danach trachten, daß nicht nur der Tod, sondern auch das Leben davor, dem Wild gerecht wird!
Es ist seit alters her die Bestimmung der Jagenden Hunde, der Bracken, selbst zu finden, zu heben und anhaltend laut am Wild zu jagen. Die feine Nase, der
lockere Laut, der eiserne Spurwille und die enorme Ausdauer sind durch Jahrtausende der Brackierjagd in ihren vielen Erscheinungsformen entstanden, Wildschärfe und Schneid durch das Jagen auf wehrhaftes Wild.
Von solojagenden Bracken wird gesundes Wild in Bewegung gehalten, aber nicht gehetzt. Dem Fluchttier Hase bedeutet der laute Hund keinen Streß, er kann ihn ja orten, und wer schon oft brackieren war, weiss, daß Hasen meist gemütlich angehoppelt kommen, Haberln machen und bisweilen sogar zwischendurch zu
äsen beginnen, bis die Bracke wieder aufgeholt hat. Das dies nicht nur für das Brackieren von Hase und Fuchs gilt, sondern auch auf das Jagen von Sauen und anderes Schalenwild zutrifft, wird in den Arbeiten von Wildbiologen wie Hackländer, Wölfel und Zeiler belegt. Vorausgesetzt es handelt sich um selbstständig suchende und jagende, ausreichend wildscharfe, spurtreue Solohunde, mit eisernem Spurwillen und sicherem Laut.
Diese Charaktereigenschaften können einer Rasse aber nur erhalten bleiben wenn die Zuchtauswahl im Jagdbetrieb erfolgt.Das allerbeste Mittel hierzu ist die Brackierjagd auf Hase und Fuchs, die vom Hund genau diese Eigenschaften im höchsten Maße fordert.
Die Nachsuche ist in vielen Gebieten ein Haupteinsatzgebiet vieler mitteleuropäischer Bracken. Sie bietet dem „Schweissjäger“ die Spannnung echter Jagd, vor allem aber dient auch sie der Weidgerechtigkeit.
Der Grundgedanke der Fairness, der der echten Weidgerechtigkeit zugrunde liegt, beinhaltet natürlich auch, das Wild nicht unnötigen Qualen auszusetzen, und verpflichtet uns daher zur Nachsuche. Wenn ich eine Bracke als reinen Schweisshund führen will, muß ich ihr aber sehr viele Nachsuchen bieten können, um sie auszulasten! Wer seiner Bracke nicht das freie Jagen gönnt, läßt nicht nur das größte Talent seines Hundes brach liegen, er wird auch die Passion seines Hundes nicht stillen können. Dabei ist es gerade die freie Jagd, die unsere Bracken für die Nachsuche geeignet macht und auch trainiert.
Die Jagd mit dem spurlauten Hund ist aber nicht nur Mittel zum Zweck: die Brackade ist ein altes und wertvolles Kulturerbe und nicht nur Zuchtauswahlkriterium! Wer dem Laut der Bracken im herbstbunten Wald, seien es nun rote Lärchen und Buchen im Gebirge oder herbstgelbe Eichen in den Niederungen, gespannt zulost, der Jagd mit den Ohren folgend, um das Wild abzupassen, oder zum giftigen Standlaut des Saufinders in eine Schwarzdorndickung weidwerkt, mit klopfenden Herzen, darf sich zu recht Weidmann (oder Weidfrau) nennen - er hat Teil an dem Mysterium Jagd, das über das reine Beutemachen weit hinaus geht.
Es erscheint mir äußerst verwerflich, daß die vehementeste Kritik an der Jagd mit den Bracken und anderen Lauf- und Stöberhunden von Teilen der Jägerschaft selbst kommt, und diese sich nicht einmal scheuen, dafür auch die Tierschützer/ Jagdgegner zu mobilisieren.
Wenn wir wollen, daß unsere Hunde weiterhin zu Recht Jagdhunde genannt werden, wenn wir weiter Jäger und nicht nur Wildbestandsregulatoren sein wollen, müssen wir diese Art zu Jagen nicht nur erhalten, sondern auch leben!
 „...ohne Schießeisen kann man noch gerecht jagen,  ohne tüchtige Hunde niemals Jäger sein.“ (Rudolf Frieß)


Text (c) 2011
Foto 1, 6-7 Sabine Middelhaufe; 2-3: Sergio Leonardi; 4 Hannes Plenk; 5 Thies Langmaack

 

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