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8 Vorurteile über den Pointer




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8 Vorurteile über den Pointer - ein Gespräch mit Salvatore Bellavista
Von Sabine Middelhaufe

Der Pointer gehört in den deutschsprachigen Ländern zu den Rassen, die man im praktischen Jagdgebrauch kaum je antrifft. In Südeuropa hingegen zählt dieser Vorsteher par excellence zu den beliebtesten und am meisten verbreiteten Begleitern des Jägers.
Es ist also durchaus angemessen, dass es ein italienischer Rassekenner ist, der hier zu einigen Vorurteilen Stellung nimmt, die in weniger gut informierten Kreisen über den Pointer kursieren. Salvatore Bellavista geht zur Jagd, seit er "höher war als das Gras und die Dornbüsche" auf dem Lande, wohin er seinen Vater von nun an begleiten durfte. Im Hause Bellavista gab es Pointer und Setter so lange Salvatore sich zurück erinnern kann, aber in jugendlicher Rebellion wollte er irgendwann seinen "ganz eigenen" Hund, und der Pointer, den er damals wählte, wurde sein bester Gefährte bei der Jagd und den abenteuerlichen Streifzügen durch die Natur auf der Suche nach neuen Jagdgebieten.
Dieser kraftvolle Rüde mit seinem dennoch sanften, ausgeglichenen Wesen und seiner Intelligenz, die irgendwie bewirkte, dass er stets im richtigen Moment am richtigen Fleck war und seinen jungen Herrn erfolgreich zum Schuss kommen liess, wurde für Salvatore Grundlage der eigenen Passion für den Pointer, oder wie er selbst es ausdrückt: "Ich weiss im Grunde nicht, was mich bei diesem Hund mehr beeindruckt hat, die Gesamtheit seiner Qualitäten oder die äussere Schönheit seiner Konstruktion. Wahrscheinlich war es das Zusammenspiel von beidem - ein perfekter Körper ohne überflüssiges Beiwerk, schön wie der Diskobol des Myron, faszinierend und verdammt wie ein tragischer Held, eine Mischung aus Genie und Unmäßigkeit, aber gleichzeitig fähig zu größter Empfindsamkeit und einer symbiotischen Beziehung zu mir, seinem Herrn, und das Ganze abgerundet durch Großmut, enorme körperliche Kondition und eine überragende Nasenleistung."
Salvatore Bellavista hat auch einige Würfe gezüchtet, freilich nur, um Welpen von Hunden zu erhalten, an die er wirklich glaubte, und die größte Freude für ihn ist, dass er noch heute mit Nachfahren jenes schwarz-weissen Pointers jagen gehen kann, der vor so langer Zeit seine Begeisterung für die Rasse entfachte.



Salvatore Bellavista mit seiner Hündin Ceciliensis Nedda, genannt Mirka
Titelbild: Fauno.

1. Der Pointer ist ausschliesslich für die Jagd in weiten, ebenen Terrains geeignet und geht freiwillig nicht ins Dickicht.

"Mir ist es etliche Male passiert, dass Pointer, die ich immer und ausschliesslich für die Jagd auf Steinhühner und Waldschnepfen verwendet hatte, mich ziemlich dumm dastehen liessen, wenn ich zur Wachteljagd in abgeernteten Weizenfeldern eingeladen wurde. Angesichts weiter "Prärien" fühlten sich meine Hunde stets ganz verzagt und starteten prompt in Richtung irgendeines Kanals, Hügels oder Waldes, der ihnen auf Grund ihrer bisherigen Erfahrungen und Gewohnheiten vertrauter und vielversprechender erschien.
Letztes Jahr lud mich ein Freund zu einem Jagdtag auf Bekassinen in einer Ebene zwischen zwei Bergzügen und Hügeln ein. Mein alter Pointer, ein erfahrener Waldschnepfen Jäger, suchte zwar brav, aber ich merkte sehr wohl, dass er zurückhaltend und gehemmt wirkte... Kaum aber entdeckte er in der Ferne ein Wäldchen, - oh Schreck, ein Forstgut! - gab er Gas, fegte über die Ebene und Hügel, die ihn von seinem Ziel trennten und genoss im Wald zweifellos eine Schnepfenjagd auf eigene Faust. Nach einer Weile sah ich ihn auf einem Hügelkamm auftauchen und wahrscheinlich dachte er: "He du, Mensch! Wieso kommst du nicht mit, Dummkopf?" Na ja, er konnte eben die Verbotsschilder nicht lesen... Es kostete einige Mühe ihn zurück zu beordern und er jagte schliesslich verdrossen zwischen Binsen und Morast.
Dasselbe ist mir, allerdings im umgekehrten Sinne, mit einem Pointer passiert, den ich als erwachsenen gekauft hatte: an weite Ebenen gewöhnt, hat er immer offene, weitläufige Zonen bevorzugt. Er sprang schon aus dem Auto, kaum dass er in der Ferne eine "Rennbahn" sah und wuuusch! war er weg, für Stunden und in Höchstgeschwindigkeit. Es kostete eine Menge Zeit und Mühe ihm klar zu machen, dass das, was wir zwei suchen mussten, entweder an steinigen Berghängen oder im Wald zu finden war...."

Impressionen aus Salvatores Jagdgebiet.

2. Der Pointer ist auf Grund seines Kurzhaars und der äusserst feinen Haut sehr empfindlich und muss vor Hitze, Kälte, Regen und Dornen geschützt werden.

"Das Fell ist natürlich kurz, aber die Haut keineswegs empfindlich, wie überhaupt nichts am Pointer sonderlich empfindlich ist. Zwei von mir gezüchtete Pointer leben in Sardinien, wo sie im Wald und in der undurchdringlichen Macchia jagen, bei schwüler Hitze im Sommer, bei Kälte und Eis im Winter, alles kein Problem - Apport aus dem Wasser inbegriffen."

3. Häufig hört man, dass sich der Pointer nur ausdrücken kann, wenn ihm das Gelände seinen atemberaubenden Galopp ermöglicht, während er sich in engen Feldern unwohl fühlt.

"Es ist völlig richtig, dass ein guter Pointer nur im angemessenen Terrain seinen besten Galopp zeigen kann, eine Gangart, die wirklich spektakulär ist und einem beim Zuschauen Herzklopfen und Gänsehaut bereitet. Aber das bedeutet nicht, dass der Pointer im unwegsamen oder klein strukturierten Gelände im Sinne seiner Jagdanlagen nicht trotzdem sein Bestes tut."

Fauno.

4. Obwohl ursprünglich ein Jagdgebrauchshund, eignet sich der Pointer bestens als reiner Familienhund, denn er ist auch ohne zu jagen glücklich und begnügt sich gern ein Leben lang mit Spaziergängen an der Leine und dem bequemen Sofaplatz.

"Der Pointer ist ein Hund, der sich wie jeder andere an das anpasst, was ihm geboten wird, aber dessen ungeachtet sehe ich für einen Pointer kein Leben ohne die Jagd. Er ist für eine bestimmte Art der Arbeit konstruiert und ich glaube nicht, dass er als bloßer Begleiter, Wohnungs- oder Ausstellungshund glücklich sein könnte. Ein Pointer hat Feuer im Blick und in den Adern, und um seine Essenz, sein Pointer-Sein auszudrücken, muss er die Möglichkeit bekommen, in angemessenen Terrains am Wild zu trainieren"

5. Der Pointer ist auf Federwildjagd spezialisiert und interessiert sich nicht für Haarwild, das er obendrein nicht apportieren würde.

"Das trifft nun ganz und gar nicht zu. Der Pointer ist zwar zweifellos unangefochtener Meister der Federwildjagd, bei der er seine besten Qualitäten demonstrieren kann, ob nun auf der Suche nach Steinhuhn oder Bekassine, Wachtel oder Waldschnepfe, aber wenn er ein Vollgebrauchshund ist, erledigt er jede Aufgabe, auf seine Weise offensichtlich. Und das bedeutet, er steht auch Sau, Hasen, Kanin, Fuchs vor und zwar, das muss schon sagen, mit einer gewissen atavistischen "Bösartigkeit". Wenn ein Pointer den Apport beherrscht, bringt er alles, denn im Gegensatz zu manchem Menschen gibt es da für ihn nichts "Ekliges".

Attila als Welpe.

6) Der Pointer ist sehr schwer auszubilden; auf Grund seines sensiblen Wesens darf man ihn nicht hart anfassen und auf Grund seiner Unabhängigkeit und seines weiten Aktionsradius ist er für die enge Zusammenarbeit mit dem Hundeführer nicht geeignet.

"Der Pointer ist ein ausgesprochen intelligenter Hund, der versteht, was sein Freund Mensch von ihm möchte und ihn dabei unterstützt. Natürlich muss man ihn angemessen behandeln. Statt roher Gewalt braucht er die Symbiose mit seinem Führer, ein Bündnis, das auch für den Hund als vorteilhaft zu erkennen ist. Allerdings ist er, obwohl sehr kooperationsbereit und "großzügig", nie knechtisch ergeben! Ein Pointer wird sich schwerlich unterwürfig verhalten und ist nicht bereit, sich erniedrigen zu lassen. Er erhält sich stets sein stolzes, unabhängiges Wesen und das ist gut so. Man darf nie versuchen, ihn in dieser Hinsicht zu verbiegen, widrigenfalls verliert er diesen freien, eklektischen Geist."

7) Der in Südeuropa gezüchtete Pointer ist im Hinblick auf Größe, Wesen und Arbeitsstil heute vollkommen anders als der Pointer in England.

"Man darf wohl sagen, dass der Pointer seit langem der Pointer vom Kontinent ist. Insbesondere die italienische und französische Zucht hat es geschafft, jene Qualitäten zu erhalten und noch zu verbessern, die aus dem Pointer diesen grandiosen Hund machen, sei es morfologisch, sei es im Hinblick auf die Jagdanlagen, und jedes Land das gute Pointer züchten wollte, hat diese Blutlinien benutzt."

Attila als Erwachsener mit Salvatore.

8) Der Pointer steht häufig "leer" vor, denn da er auf weite Entfernungen vorsteht, ist er nicht in der Lage zwischen Lebendwitterung und der Witterung am eben verlassenen Versteck des Vogels zu unterscheiden.

"Wer so etwas behauptet, kann vermutlich einen Pointer nicht vom Dalmatiner unterscheiden. Bei allen Vorstehhunderassen sind Exemplare, die "leer" vorstehen absolut unerwünscht. Im Falle des Pointers wäre ein derartiges Verhalten aber ein wahres Sakrileg. Sofern der Hund nicht durch "Dressur" verdorben wurde oder in Bezug auf die Jagdanlagen psychische Defekte hat, hat der Pointer die Besonderheit, Wild, von dem er auch nur die leichteste Witterung wahrnimmt, auf beachtliche Distanzen zu lokalisieren und korrekt vorzustehen."

Auf der Fahrt zur Jagd: Attila und Fauno, Vater und Sohn.

Alle Fotos: Salvatore Bellavista


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