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Aus der Welt des Bracco Italiano


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Aus der Welt des Bracco Italiano
Interview von Sabine Middelhaufe mit Flavio Fusetti

Der Kurzhaarige Italienische Vorstehhund oder Bracco Italiano findet allmählich auch in Deutschland seine Fans. Leider ist die Sprachbarriere oft das Hindernis für die Kommunikation mit Züchtern und Rassekennern im Mutterland. Ein Umstand, der in Italien sehr bedauert wird, denn gern würde man sich mit Braccohaltern jenseits der Alpen austauschen. Das folgende Interview mit Flavio Fusetti, dem Verantwortlichen für Auslandsangelegenheiten des Bracco Klubs, S.A.B.I., möge deshalb eine kleine Hilfe auf dem Wege zur Verständigung sein.

Signor Fusetti, der Bracco Italiano, auch wenn er zur Gruppe der Vorstehhunde gehört, hat seine ganz eigene Geschichte, da er in Italien unter ganz bestimmten Bedingungen und für eine ganz bestimmte Art der Jagd gezüchtet wurde. Erzählen Sie uns doch einmal etwas über die Wurzeln der Rasse.

Zunächst einmal dies: ich meine, jede Rasse hat ihre eigene Geschichte, denn jede Rasse ist untrennbar mit dem Land verbunden, in dem sie entstand und mit der Geschichte des Volkes, das sie schuf. Was nun unseren Bracco angeht, zitieren einige Autoren Hinweise auf die Präsenz der Rasse, die aus dem 10./11. Jh. stammen, und später, 1591, nennt Erasmo da Valvasone den Bracco namentlich in seinem Traktat über die Jagd. Für uns soll es hier aber genügen, die Geschichte ab dem Ende des 19. Jh. zu betrachten. (Der interessierte Leser sei auf die Bücher von Giuseppe Colombo Manfroni, “Il bracco italiano”, erschienen bei Editoriale Olimpia, und Giambattista Benasso, “I cani da ferma italiani”, Editoriale De Vecchi, verwiesen.) Zum Ende des 19. Jh. konnte man den Bracco in zwei verschiedenen Typologien finden, die lokal von Adelsfamilien und/oder Landpächtern selektiert wurden. Diese Züchter von damals besaßen bereits jene „kynotechnische“ Sensibilität, die sie veranlasste, Hunde zu schaffen, die einerseits das Auge befriedigten, andererseits aber auch all die jagdlichen Eigenschaften aufwiesen, die für das Beutemachen erforderlich sind.

Delor's Cesarione. Foto: Lucia Delor

Zu den berühmtesten Zwingern jener Zeit würde ich „Ranzi“ zählen, dessen Namen gebende Besitzer Landwirte aus der Gegend um Piacenza waren, und deren Braunschimmel auf den sg. Bracco Lombardo, also den Bracco aus der Lombardei zurückgehen.
Diese Hunde waren von eher großer Statur, hervorragende Jagdgehilfen im Flachland und an feuchte Terrains gewöhnt, die ihre Suche im Trab vollzogen und einen eleganten, raumgreifenden Gang aufwiesen.
Den zweiten Braccotyp, Bracco von Aschieri oder Piemonteser Bracco genannt, fand man im Gebiet um Alba.
Dieser Schlag hatte sehr viel Weiß im Fell, war vergleichsweise kleiner, ansonsten dem Lombarden körperlich aber gleich. Seine Suche war „unbefangener“, wurde häufig im Galopp ausgeführt, und er arbeitete vorwiegend in hügeligen und bergigen Revieren.
Die Standards jener Epoche beschrieben beide Schläge, hoben allerdings hervor, dass die eigentlichen Unterschiede sich nur auf Widerristhöhe und Gewicht bezogen.
In den 1920er Jahren beschloss man dann, nicht ohne kritische Gegenstimmen, die beiden Typen in einer einzigen Rasse zu vereinen und die teilweise sehr ausgeprägte Variabilität der oben genannten Eigenschaften zu akzeptieren – was auch heute, im modernen Standard, noch zum Ausdruck kommt. (Anm.: die Widerristhöhe des Bracco liegt in der Tat bei 55 - 67 cm, das Gewicht zwischen 25 und 40 kg.)
In dieser Zeit trat ein Mann in die Welt des Bracco ein, der die Geschichte der Rasse so tiefgreifend beinflusste, dass er sich den Beinamen „Bracco-Papst“ verdiente. Gemeint ist der Kavaliere Paolo Ciceri, der die Rasse während der finstersten Zeit Italiens zu erhalten verstand und sie nach dem 2. Weltkrieg wieder aufbaute.
Als grosser Fachmann der Kynologie vereinte Ciceri die Fähigkeit, herausragende Hunde zu züchten, mit seinem umfassenden Wissen vom Jagdwesen, und seine Bracchi „dei Ronchi“, so der Zwingername, bewiesen dies für lange Zeit. Paolo Ciceri ist es auch zu verdanken, dass der Bracco allmählich ein mesomorpher Typ wurde, mit trocknen Gliedmaßen, athletisch und natürlich mit optimalen Jagdanlagen – und das ist er bis heute geblieben.

Tito steht den Fasan vor. Foto: Flavio Fusetti

In den letzten 30 Jahren hat der Bracco unter der Führung des Rasseklubs S.A.B.I. (Società Amatori Bracco Italiano) zahlenmäßig gesehen ein Auf und Ab erlebt; die jährlichen Welpenzahlen schwankten zwischen 600 und 800, während die Gesundheit der Rasse und der athletische Körperbau sich eindeutig verbesserten bzw. durchsetzten. Außerdem hat die SABI immer wieder darauf bestanden, dass die Hunde an lebendem Wild geprüft werden, um ihre jagdliche Tauglichkeit zu sichern, und dass es nie zur Trennung in Schönheits- und Leistungszucht käme. Nun, die Ergebnisse sprechen für sich. Der hohe Anteil an Tieren, - gemessen an der Zahl jährlicher Würfe - die vorzügliche Formwerte bei erstklassigen Prüfungsergebnissen erhalten bestätigt die Qualität der Zucht.

Die Geschichte einer Jagdhunderasse ist auch Ausdruck der Geschichte des Jagdwesens. Wenn Sie an die Entwicklungen und Veränderungen der Jagd in Italien während der letzten 30 Jahre denken, seh-en Sie dann Parallelen zur Entwicklung des Bracco? Oder anders ausgedrückt: ist der moderne Bracco anders als seine Vorfahren, weil auch die Jagd nicht mehr so ist wie sie früher einmal war?

Man hört es oft, dass eine Rasse heute angeblich anders sei als früher, aber ich glaube, dass das nur halb zutrifft, denn oft sind die abweichenden Eigenschaften nicht an den „Typ“ gebunden, also nicht an jene Charakteristiken, die eine Hunderasse deutlich von jeder anderen unterscheiden und deren, sagen wir: „Markenzeichen“ darstellen. Ist der Bracco heute anders als gestern?

Hinsichtlich der Morphologie würde ich beinahe sagen, nein, denn der „Typ“ ist erhalten geblieben. Wenn Sie sich in der SABI Website www.ilbraccoitaliano.org die Fotos anschauen, die beim ersten Vereinstreffen im fernen 1949 aufgenommen wurden, werden Sie Hunde sehen, die die Rasse so repräsentieren, wie wir sie auch heute wünschen: typische, schöne Köpfe, korrekte Behänge, bester Ausdruck und eindeutiger Unterschied der Geschlechter… Es sind
also Hunde, die sich auch bei heutigen Veranstaltungen sehr gut machen würden. Wenn überhaupt, gab es damals Probleme mit der Konstruktion: hier und da ein nicht lotrechter Lauf, bisweilen ein Tier am obersten Größenlimit…


Ch. Morfeo di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima

Ich meine deshalb, dass die Zucht uns, verglichen mit früher, eigentlich nur eine quantitative, nicht aber eine qualitative Verbesserung gebracht hat: es gibt heute einfach sehr viel mehr „schöne“ Bracchi. Was die Leistung der Hunde angeht sieht man hingegen größere Unterschiede zu früher. Dass es immer weniger Wild bei uns gibt verlangt vom heutigen Bracco ein weiträumigeres und selbständigeres Handeln, er muss sich vom Jäger lösen und auch weit außerhalb des Aktionsbereiches einer Flinte arbeiten. Das bedeutet aber auch, dass er immer athletischer wird, mehr Mut und Selbstvertrauen besitzen muss, mehr Schnelligkeit, aber auch das richtige Verhältnis zwischen Sinnesleistung und Arbeitstempo, und er muss bombenfest vorstehen. Die Arbeitsprüfungen haben diesbezüglich die Hunde mit dem größten Potential ans Licht gebracht, und diese Tiere waren die „Driver“ bei der Evolution der Rasse. Allerdings hat die SABI auch darauf geachtet, dass die Fortentwicklung des Bracco sich immer im Rahmen des Arbeitsstandards vollzog und vollzieht, dessen Quintessenz der weiträumige, schnelle und dennoch weiche Trab bei der Suche ist, die Beweglichkeit von Kopf und Rute, das charakteristische Suchen und das ausdrucksvolle Vorstehen.

Der Bracco ist bei deutschen Jägern weitgehend unbekannt. Würden Sie uns einmal die typische Arbeit der Rasse erläutern, die stilistischen Besonderheiten und die Qualitäten, die einen exzellenten vom mittelmäßigen Bracco unterscheiden?

Zunächst einmal bin ich der Auffassung, dass ein exzellenter Jagdhund, ganz gleich welcher Rasse er angehört, vom Jäger, egal woher der kommt, mit Gewissheit erkannt wird. Den Jägern unter den Lesern sei es deshalb selbst überlassen, die jagdlichen Qualitäten eines Hundes zu bestimmen. Wenn wir hingegen vom Stil sprechen, möchte ich einige Passagen aus dem Standard zu Hilfe nehmen, der mit der Beschreibung des Trabs beginnt, aber nicht irgendeines Trabs: „Die Gangart ist der weiträumige, schnelle Trab; erlaubt sind kurze Galoppphasen bei der Rückkehr, auf bereits abgesuchtem Terrain, zu Beginn der Suche oder im Falle äußerer Ablenkungen.“
Weiträumig soll der Trab also sein, was bedeutet, dass der Abdruck der Hinterpfote über den der Vorderpfote hinausgeht und die Hinterhand optimalen Schub überträgt. Schnell soll er sein im Sinne von häufigem Aufsetzen der Pfoten. Ein rasanter Trab folglich, der jedoch auch von längeren Galoppphasen unterbrochen werden darf. Wichtig sind die Wechsel der Gangart. Bei den vorzüglichen Hunden vollziehen sie sich auf natürliche, geschmeidige Art, ohne dass der Hund sein Tempo dabei wechselt.

Vento di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima

Der Standard fährt fort: „Aber die geforderte Gangart, wenn der Hund auf Wittrung trifft, ist der Trab.“
Das heißt, sobald der Bracco den Geruch des Wildes aufnimmt, muss er von Galopp auf Trab schalten, denn das führt zu einer „weicheren“ Haltung beim Sichern der Witterung, gefolgt vom Annähern, genannt „filata“, und der Standard unterstreicht, etwas poetisch vielleicht: „Es ist offensichtlich, dass beim Bracco (wie bei allen Trabern) die Lösung des Geruchsrätsels an allererster Stelle steht, und die Lösung für die verschiedenen Probleme, die dem Galoppierer beinahe instinktiv und urplötzlich zufallen, verlangt von ihm einen komplexen mentalen Prozess, den man eindeutig in seinem schönen „Denkergesicht“ ablesen kann. (…) Wenn er leichte Wittrung aufnimmt, verlangsamt er allmählich und wendet sich mit größter Vorsicht wieder der vermuteten Quelle des Geruchs zu, den Kopf hoch erhoben, im Schritt jetzt und ohne andere Anzeichen, wenn man die maximal hochgezogenen Behänge und die leicht herabhängende, unbewegte Rute einmal ausnimmt.“
Ein weitere Charakteristik des Bracco sind die Bewegung der Rute und die Haltung des Kopfes während der Suche. Tatsächlich sagt der Standard: „Die Suche ist überaus eifrig und wird von einer fast ununterbrochenen Bewegung der Rute begleitet. Die Haltung ist schön aufgerichtet, mit leicht vorgestrecktem Hals, um den Kopf gut erhoben zu halten, während der Nasenrücken zu Boden weist.“
Der Standard bietet auch eine allgemeine Beschreibung: “Die Gesamthaltung des Bracco ist edel, kraftvoll, aufmerksam aber ruhig, gut aufgerichtet und leicht nach vorn gebeugt; der Hals leicht geschwungen und der Kopf schön erhoben, mit deutlich nach unten gerichtetem Nasenrücken (etwa 30 Grad unter der Horizontalen). (…) Wenn er sich plötzlich in unmittelbarer Nähe des Wildes findet (und nur in diesem Falle) hält er unverzüglich an, wobei er meist aufgerichtet oder mit leicht eingeknickten Läufen stehen bleibt und mit dem Kopf nach unten, auf das Wild weist. Nur ausnahmsweise fällt er in gleichsam verdrehter Haltung in Vorstehpose.”

Zir di Casamassima. Foto: Antonio Casamassima

Sie kennen auch die deutschen Vorsehhunde sehr gut. Was unterscheidet Ihrer Erfahrung nach den guten Bracco vom tüchtigen Kurzhaar oder Drahthaar?

Meiner Ansicht nach, und ohne verallgemeinern zu wollen, messen die deutschen Jäger der Arbeit des Hundes nach dem Schuss mehr Bedeutung bei und prüfen auch die Fähigkeiten und Anlagen des Hundes vor allem in dieser Phase. In Italien machen wir beinahe das Gegenteil. Wir achten vorwiegend auf die Aktion des Hundes vor dem Schuss, und deshalb suchen und schätzen wir besonders die Qualitäten, die in dieser Phase des Jagdgeschehens wichtig sind. Ansonsten ist klar, dass zwischen den deutschen Vorstehern und unserem Bracco diverse Unterschiede bestehen.
Was ich hier aber unterstreichen möchte ist die wesentlichste Differenz, die meines Erachtens nach in der Psyche der Hunde liegt. Der Bracco Italiano ist ein sanfter, „nachdenklicher“ Hund. Das soll nicht heißen, dass der Kurzhaar das nicht auch ist, aber beim Bracco werden diese Eigenschaften noch durch seine Bewegung hervorgehoben, die tendenziell weiche, geschmeidige Bewegung des Halses und des Kopfes. Selbst die Wirbelsäule darf während der Bewegung nicht steif erscheinen, während die Rute, wie der Standard es verlangt, im Rhythmus mit dem Trab pendelt. Bezüglich der Rute sei noch angemerkt, dass diese, auch daheim, verhaltener wedelt als bei anderen Rassen.
Schließlich, und hoffentlich ohne zu romantisch zu klingen, glaube ich, dass die Aktion, die wir Bracco-Fans am meisten lieben, die Suche ist, die dem Vorstehen vorausgeht, weil man gerade hierbei am besten die Geschmeidigkeit des Hundes beobachten kann, vielleicht mit ein paar sanften Wellenbewegungen im Wind, während sein Kopf von der Wildwittrung angezogen wird…

Lauro, Bracco Italiano aus Ungarn; Pointer und Deutsch Kurzhaar. Foto: Andreas Pöttger.

Die Morphologie und der Charakter des Bracco sind in mancher Hinsicht einzigartig unter den Vorstehhunden. Wenn eine Rasse ins Ausland gelangt besteht jedoch immer die Möglichkeit von Veränderungen, um sie an die neuen Bedingungen anzupassen. Welche Eigenschaften sollten ausländische Bracco-Züchter Ihrer Ansicht unbedingt erhalten und warum?

Was das Warum angeht, so definiert der Standard das Modell, und die jagdliche Leistungsfähigkeit garantiert hinreichende Anlagen für den Hund als Jäger. Dies gesagt, meine ich, dass die wichtigsten Eigenschaften in der Sanftheit des Blickes und der Geschmeidigkeit der Bewegungen zu suchen und zu erhalten sind. Ich muss gestehen, dass die SABI in dieser Hinsicht sehr anspruchsvoll war und ist, und dass es sicherlich nicht leicht fällt, geschmeidige und gleichzeitig jagdlich äußerst leistungsfähige Hunde zu züchten.

Bei vielen Rassen hat die Trennung in Schönheits- und Leistungszucht Hunde geschaffen, die fast ausschliesslich für den Ausstellungsring geeignet sind und viele, wenn nicht gar alle Qualitäten des Jagdhundes für den praktischen Einsatz verloren haben. In seiner Heimat ist der Bracco ein Arbeitshund. Sehen Sie die Gefahr, dass er im Ausland vorwiegend zur einer Ausstellungsrasse mutiert? Und welche wären die ersten, zu fürchtenden Anzeichen einer „Entfremdung“ vom Bracco made in Italy?

Tatsächlich ist der Bracco bei uns ein Jagdgebrauchshund, und die SABI hat immer gegen die Tendenz gesteuert, zwei „Rassen“ zu haben, eine für die Prüfungen, eine für den Showring. Wir haben uns auch immer bemüht, sowohl leistungsstarke als auch schöne Hunde zu züchten, obwohl klar ist, dass dies die züchterische Arbeit erschwert. Unsere Veranstaltungen sehen, wann immer möglich, Pokale für den formschönen und brauchbaren Bracco vor, und der Anteil dieser absoluten Champions innerhalb der Gesamtpopulation ist sehr beruhigend. Die Gefahr, die Sie hier ansprechen liegt durchaus im Rahmen des Wahrscheinlichen, aber wir vertrauen darein (oder hoffen darauf) dass die neuen Besitzer eines Bracco auch Jäger sind, obwohl das nicht immer der Fall sein wird.
Was den zweiten Teil Ihrer Frage betrifft, kann ich jedem angehenden Züchter nur wärmstens empfehlen, sich zunächst der jagdlichen Brauchbarkeit beider Elterntiere zu versichern. Wie Sie wissen, verlangen heute eigentlich alle Verbände bestimmte Voraussetzungen, bevor Hunde für die Zucht zugelassen werden. Dabei geht es um die Gesundheit der Tiere, und das ist bestimmt eine gute Sache. Ich würde mir allerdings wünschen, dass dieselbe Aufmerksamkeit auch den jagdlichen Anlagen zukäme. Hat der für die Zucht eingeplante Hund Nase? Hat er die richtige Vorstehanlage? Hat er Jagdpassion? Zeigt er ein gutes Gangwerk? Diese Fragen sollte sich ein Züchter stellen, und nicht allein die Ellbogen und Hüftgelenke überprüfen lassen.

Foto: Sabine Middelhaufe

Wenden wir uns für einen Moment vom Bracco zu den anderen italienichen Rassen, die Anhänger im Ausland gefunden haben, und dies nicht immer mit erfreulichen Folgen, wie etwa das Beispiel des Cirneco dell’Etna zeigt. Was meinen Sie dazu?

Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass die unerfreulichen Folgen sich auf die Rasse beziehen, nicht ihren einzelnen Vertreter. Der Fall des Cirneco, den Sie anführen, ist sicher emblematisch. Wir sprechen hier von einer Rasse, die in einem sehr begrenzten Gebiet entstand, nämlich an den Hängen des Ätna, mit einem trocknen, spröden Terrain voller Lavageröll und Wildkaninchen. Es kümmerte die Cirneco-Besitzer wenig, ob ihre Hunde satt und zufrieden lebten, zumal die Leute in dieser Hinsicht selbst so einige Probleme hatten. Was war das Ergebnis? Eine starke, wenn auch “ätherische” Rasse, genügsam, mit kleinen Pfoten, die dem harten, schneidenden Geröll widerstanden. Das sehr heiße Klima tat das Seine und schenkte uns einen Hund mit großen, aufgerichteten Ohren, einer feinen Haut usw.
So, und jetzt nehmen wir einen hübschen Cirneco und bringen ihn …sagen wir: nach Amerika, in eine flache, kühle Gegend mit vielen Weiden und, Tüpfelchen auf dem i, ohne ein einziges Kaninchen. Päppeln wir ihn mit extra kalorienreichen Menüs auf. Aber halt, jetzt müssen wir an seine Beschäftigung denken! Was könnten wir mit ihm machen? Von Kaninchen keine Spur, von Felsen auch nicht. Was tun? Na klar, lassen wir ihn wie einen Windhund rennen, denn laufen kann nicht schaden.
Gut. Nun möge sich jeder selbst ausmalen, was im Laufe weniger Jahre mit diesem Cirneco passiert. Ich beeile mich aber hinzuzufügen, dass das gleiche Prinzip auch für die ausländischen Rassen gilt, die ihrerseits nach Italien importiert werden. Man braucht nur die deutschen Vorstehhunde in der BRD mit denen hier bei uns zu vergleichen…

Signor Fusetti, Sie sind seit Jahrzehnten ein Bracco-Mann und innerhalb der SABI verantwortlich für die Beziehungen zum Ausland. Wie sehen Sie die Zukunft des Bracco außerhalb Italiens? Was sind Ihre Hoffnungen und Befürchtungen für den Bracco Italiano rund um den Globus?

Gute Frage. Wie sehe ich die Zukunft des Bracco ausserhalb Italiens? Was den quantitativen Aspekt angeht, sehe ich sie rosig. Ich glaube, dass die Erfolge der letzten Jahre bei den Ausstellungen (aber leider
nur dort) der Rasse sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit eingebracht haben. Ob nun aus Neugier oder aus anderen Gründen haben sich viele Leute dem Bracco genähert und sind seiner Faszination erlegen. Weniger rosig sehe ich die Zukunft im Ausland unter dem Aspekt der Qualität. Ich fürchte, dass wir Probleme mit der Größe der Hunde bekommen werden, da die Tendenz besteht, sie an das vom Standard erlaubte Höchstmaß zu bringen. So wird man Hunde schaffen, die schwerlich noch als mesomorph zu bezeichnen sind, und die ein Jäger als wenig brauchbar für die Jagd ablehnen würde.

Belle. Foto: John Abraham

Ich hoffe wirklich sehr, dass sich ausländische Züchter und/oder Halter auch in Zukunft, und vielleicht in wachsendem Maße, mit Fragen an die SABI wenden werden, aber vor allem, um sich mit denen auszutauschen, die sich in Italien mit großem Fachwissen um die Zukunft der Rasse bemühen.
An dieser Stelle noch eine Bemerkung zum Thema Rutenkupieren. Die SABI vertritt die Auffassung, dass die Rute gekürzt werden sollte, da dies einerseits die Verletzungsgefahr während der Jagd ver-mindert und andererseits die im Standard beschriebene Bewegung begünstigt. Man muss aber auch sagen, dass die ganze Thematik außerhalb unseres Einflusses und Willens liegt. Wer aufgrund von Landesgesetzen die Rute nicht kupieren darf, hat keine Wahl. Die SABI kann nur raten, Hunde mit tendenziell kurzer Rute aufzuziehen, die in Rückenlinie oder etwas darunter getragen wird. Uner-wünscht sind hoch oder hakenförmig getragene Ruten.
Abschließend möchte ich Sabine Middelhaufe noch für die Möglichkeit dieses Interviews danken, und würde mich freuen, wenn Interessenten des Bracco Italiano sich über unsere Website www.ilbraccoitaliano.it mit uns in Kontakt setzten.

 

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