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Der edle und der leichte Bracco

 

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Der edle und der leichte Bracco
Von Lucio Marzano

Vom Bracco Italiano sprach man, historisch nachweisbar, im späten Mittelalter und vor allem während der Renaissance, als viele Fürstenhäuser ihre hoch geschätzten Blutlinien dieser Rasse pflegten.
Die Visconti in Mailand beispielsweise hatten einen berühmten Zwinger, dessen Gebäude von den Mailändern jahrhundertelang "das Hundehaus" genannt wurde und in dem Barnaba Visconti im 14. Jh. 5.000 Hunde hielt: Mastinos, Windhunde und Braccos.
Als Maria de’ Medici mit dem französischen König vermählt wurde, bat sie ihren Vater, den Herzog der Toskana, ihr einige weisse Braccos zu senden. Diesem Wunsch konnte der Herzog nicht nachkommen, denn schon am Anfang des 17. Jh. fand man keine rein weissen Braccos mehr, und Maria erhielt stattdessen einige weiss-orangene Rassevertreter.

Bracco vom schweren Typ.

In der Folgezeit erlebte der Bracco Italiano die Wechselfälle des Schicksals und wir finden ihn Ende des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. zahlenmäßig gut und von zwei deutlich verschiedenen Rassen vertreten wieder: da ist einmal der "bracco nobile", d.h. der edle Bracco, ein grosser Hund vom schweren Typ, der vor allem im Flachland präsent ist, und der  “bracco leggiero”  oder “bracchetto”, also der kleine, leichte Bracco, der insbesondere im Hügelland und den gebirgigen Zonen des Piemont, Liguriens und Piacenzas eingesetzt wird.
Anders als von verschiedenen Autoren behauptet wird, handelte es sich hier nicht um ein und dieselbe Rasse mit nur verschiedenen Grössen und Gewichten, sondern um zwei eigenständige Rassen, die durch unterschiedliche Beweglichkeit und unterschiedlichen Einsatz klar voneinander zu trennen waren. Tatsächlich wurden die Braccos jener Epoche bei den Prüfungen als "leicht" oder "schwer" gemeldet und voneinander ebenso unterschieden wie andere Rassen auch.

Bracco vom leichten Typ.

Der offizielle, noch heute gültige Standard des Bracco Italiano, hat die Gewichte und Schulterhöhen beider Rassen, des leichten und des "edlen", übernommen, und  in der Tat ist der Spielraum zwischen Mindest- und Höchstwerten enorm, speziell im Hinblick auf das Gewicht. Bei der Widerristhöhe geht man von 55 - 67 cm, beim Körpergewicht von 25 - 40 kg.
Stellt man einmal das Verhältnis Gewicht/Höhe her, erreicht man ein Minimum von 454 g/cm und ein Maximum von  597 g/cm, und dabei erkennt man die Konsequenzen: auf der einen Seite steht ein agiler, flinker Hund, auf der anderen eine Art Mastino, langsam und schwerfällig, und es wird dem Betrachter deutlich, wie unterschiedlich die beiden Rassen ursprünglich waren.


Oben: die Ranza Braccos.
Rechts: Leichter Bracco

Die  "bracchetti", die leichten Braccos, hatten genau unterscheidbare Blutlinien, etwa die Piacenzer Ranza Braunschimmel, die zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. von den Jägern ihrer Zeit äusserst geschätzt wurden, doch gab es spezialisierte Zuchtstätten auch in Ligurien, zum Beispiel die renomierten melierten Braccos von Bagnasco, und im Piemont, wo die Aschieri leichte, vorwiegend weisse Braccos mit nur wenigen orangenen Punkten züchteten, die der italienische König, Viktor Emanuel II., im königlichen Jagdrevier (heute Naturpark Gran Paradiso) häufig benutzte.
Im "Jagdzwinger", einer Initiative des grossen Kynologen Ferdinando Delor (einem der Begründer des Italienischen Kennel Clubs) wurden Anfang des 20. Jh. zu gleichen Teilen edle und leichte, jedoch klar voneinander unterschiedene Braccos gehalten.

Schwerer Bracco

Der leichte Bracco, dynamischer und aktiver, hätte sich ohne weiteres mit den importierten britischen Vorstehhunden messen und die gleiche Entwicklung erleben können, von der Epagneul Breton und Kurzhaar profitierten, die sich in Italien (und nicht nur hier) als Hunde durchgesetzt haben, die im Jagdgebrauch ganz klar mit den englischen Rassen konkurrieren können.
Heute existieren keine Zwinger mehr, die speziell den leichten Bracco züchten, hingegen gibt es Hunde mit Unterschieden in Gewicht, Grösse und Konstruktion.

Schwerer Bracco

Die Welt der Ausstellungen hat den imposanten Bracco eindeutig bevorzugt, während im Prüfungsbereich die Durchschnittgewichte der Hunde bei 28 - 35 kg liegen, Richter Hunde mit leichterem Körperbau allerdings bestrafen, da der Bracco ihrer Ansicht nach starke Knochen und viel "Substanz" haben muss, was, so meine ich, ein grosser Fehler ist, zumal diese Auslegung auch keine Übereinstimmung mit den Mindestwerten für Gewicht und Grösse findet, die ja weiterhin vom Standard erlaubt sind.
Nach meiner bescheidenen Meinung wäre es, mehr als 60 Jahre nach Festlegung des Standards an der Zeit, diesen zu modifizieren, einen intermediären Standard zu verfassen und dann definitiv den "Typ" des Bracco festzulegen. Doch der Rasseklub (SABI), mehrfach hierzu aufgefordert, möchte scheinbar keine Konflikte zwischen den Befürwortern des "grossen und schweren" Hundes und jenen schaffen, die agilere Braccos bevorzugen, obwohl der Verein selbst empfiehlt, Hunde um die 30 kg zu verwenden (siehe die Kommentare des aktuellen Präsidenten Giuseppe Colombo Manfroni und des früheren Präsidenten Cesare Bonasegale).

Fotos: Lucio Marzano
(c) Text 2010

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